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Deutsche Umwelthilfe unterstützt Klagen von Ausländern gegen das Klimaschutzgesetz in Deutschland

Archivmeldung vom 15.01.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.01.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Deutsche Umwelthilfe e.V. in der Kritik: Über 100 Anwälte und nur wenige Mitglieder. Abmahnungen gehören zu ihrem täglichen Geschäft. Jetzt auch die Verhaftung einer Landesregierung.
Deutsche Umwelthilfe e.V. in der Kritik: Über 100 Anwälte und nur wenige Mitglieder. Abmahnungen gehören zu ihrem täglichen Geschäft. Jetzt auch die Verhaftung einer Landesregierung.

Bild: Eigenes Werk /OTT

Da die Bundesregierung trotz Klimakrise noch immer wirksame Klimaschutzpolitik blockiert, unterstützt die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zwei vor dem Bundesverfassungsgericht eingereichte Klimaklagen zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad.

Beschwerdeführer sind zum einen 15 Betroffene aus den unmittelbar von der Klimakrise bedrohten Ländern Bangladesch und Nepal. Zum anderen klagen 10 Kinder und junge Erwachsene im Alter zwischen 11 und 22 Jahren aus Deutschland, die die Folgen der Klimakrise zukünftig hart treffen werden. Die Klage richtet sich gegen das unzureichende Klimaschutzgesetz, das Bundesregierung und Bundestag beschlossen haben.

Deutschland ist weltweit sechstgrößter Emittent von klimaschädlichem CO2. Doch weder die im Klimaschutzgesetz festgelegten Klimaschutzziele noch die angestrebten Maßnahmen genügen, um den für Deutschland erforderlichen Beitrag zu leisten, mit dem die Erderhitzung auf die im Pariser Klimaabkommen beschlossenen 1,5 Grad beschränkt werden kann. Der Gesetzgeber hat es versäumt, ein für die Einhaltung des 1,5 Grad-Limits noch zur Verfügung stehendes CO2-Budget für Deutschland festzulegen und die dazu erforderlichen und prognostisch belastbaren Maßnahmen zu benennen.

Mangelhafte Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland betreffen nicht nur die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik, sondern alle Menschen - bereits heute, aber auch zukünftig. Die am Freitag, den 10. Januar eingereichten Verfassungsbeschwerden stützen sich auf die grundrechtlichen Schutzpflichten der Bundesrepublik für Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG sowie das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Diese Grundrechte stehen allen Menschen zu, egal wo sie leben. Die deutsche öffentliche Gewalt muss den für Deutschland erforderlichen Beitrag leisten, um diese Grundrechte nicht zu gefährden.

Dazu Remo Klinger, der die Beschwerdeführer juristisch vertritt: "Klimaschutz ist Grundrechtsschutz. Und Grundrechtsschutz bedeutet, dass die Lebensgrundlagen für junge Generationen und Menschen in den am stärksten betroffenen Ländern nicht verloren gehen. Dazu muss Deutschland denjenigen Beitrag leisten, der ihm aus seiner Verantwortung für den Klimawandel erwächst. Daran fehlt es. Das Bundesverfassungsgericht ist aufgerufen, dazu den Weg zu weisen."

Klimaschutz ist keine Frage der Machbarkeit, sondern eine des politischen Willens. Genau daran scheint es der aktuellen Bundesregierung jedoch zu fehlen. Das Deutschland laut Wissenschaft zustehende CO2-Budget für eine Einhaltung des 1,5 Grad-Limits von 3,465 Gigatonnen wäre mit den im Klimaschutzgesetz beschlossenen Zielen bereits 2024, spätestens 2025 voll erschöpft. Die DUH führt daher ergänzend zur Klage auf, welche wesentlichen CO2-Einsparmaßnahmen der Gesetzgeber und die Bundesregierung längst hätten ergreifen können, um die Klimakrise zu stoppen.

Zu den möglichen Maßnahmen für den Verkehrsbereich sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Die Hauptverantwortung für das Nichterreichen des Klimaziels 2020 durch eine Reduzierung des Klimagases CO2 um 40 Prozent trägt der Verkehrssektor. Mit einem sofort und ohne Mehrkosten für die Beteiligten umsetzbaren Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen sowie 80 km/h außerorts können bis zu 5 Millionen Tonnen CO2 vermieden werden. Mit einer Verschärfung nach dem Vorbild der Niederlande von 100 km/h am Tag und 120 km/h in der Nacht auf Autobahnen ist noch eine zusätzliche Einsparung von bis zu 3 Millionen Tonnen CO2 möglich.

Die Beschränkung der steuerlichen Vorteile bei der Dienstwagen-Nutzung auf sprit- bzw. stromarme Fahrzeuge und der sofortige Stopp der Diesel- und Kerosin-Subventionierung bringen sogar Einsparungen für Millionen Tonnen CO2 im zweistelligen Bereich. Auf Druck der Autokonzerne hat die Bundesregierung im Klimapaket trotzdem eine finanzielle Förderung von besonders klimaschädlichen Spritschluckern und Monster-SUVs mit durchschnittlich mehreren zehntausend Euro pro Fahrzeug festgeschrieben. Diese absurde Förderpolitik muss die Bundesregierung rückgängig machen. Für einen klimaneutralen Verkehrssektor muss die Bundesregierung außerdem den Ausstieg aus dem Verbrenner ab 2025 beschließen."

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, zu den Maßnahmen, die im Energie- und Gebäudesektor ergriffen werden müssen: "Das Zeitalter des Klimaschutzes muss gleichzeitig das Zeitalter der Erneuerbaren Energien werden. Der faktische Ausbaustopp für die Windenergie, mit der die Bundesregierung diese Zukunftsbranche in den Ruin treibt, muss korrigiert werden. Bis 2030 brauchen wir einen massiven Ausbau aller Erneuerbaren Energien, inklusive Sonne, Wind und dem Einstieg in die erneuerbare Wasserstoff-Wirtschaft. Um das Klimaziel 2020 noch zu erreichen, muss außerdem der Kohleausstieg drastisch beschleunigt werden. So könnten durch eine Abschaltung der Kohlekraftwerke Jänschwalde und Niederaußem in 2020 sofort 28 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Durch einen vollständigen Ausstieg aus der Kohle bis 2030 könnten gegenüber der Empfehlung der Kohlekommission im Jahr 2030 insgesamt 68 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Um den Gebäudebereich klimaneutral zu machen, brauchen wir das sofortige Verbot für den Einbau neuer Ölheizungen und einen Einbaustopp neuer Gasheizungen für 2025. Das klimaneutrale Gebäude der Zukunft ist hocheffizient und wird ausschließlich durch Erneuerbare Energien geheizt und gekühlt."

Barbara Metz, Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der DUH, ergänzt: "Die Bundesregierung ignoriert den Bereich Kreislaufwirtschaft in der Klimaschutzgesetzgebung. Das ist fahrlässig, denn hier besteht ein enormes Potential zur CO2-Reduktion. Handel und Abfüller müssen deshalb die Mehrwegquote für Getränkeverpackungen bis spätestens Ende 2021 gemäß der gesetzlichen Vorgabe von 70 Prozent umsetzen. Das gilt auch für die Einweg-Discounter wie Aldi und Lidl, die sich Mehrweg bislang komplett verweigern. Allein bei den alkoholfreien Getränken könnten mit dieser Maßnahme jährlich Emissionen von fast 1 Million Tonnen CO2 eingespart werden. Ebenfalls völlig unverständlich ist, dass die Bundesregierung die vorbildlichen europäischen Mindeststandards für die Entsorgung FCKW-haltiger Kühlschränke nicht gesetzlich festlegen will. FCKW belasten das Klima 10.000-mal stärker als CO2 und dürfen bei der Entsorgung auf keinen Fall in die Atmosphäre gelangen. Folgt Deutschland dem Beispiel von Ländern wie Frankreich, Irland oder den Niederlanden und legt verbindliche Mindeststandards für die Entsorgung von Kühlgeräten fest, so ließen sich jährlich umgerechnet bis zu 600.000 Tonnen CO2 einsparen."

Yi Yi Prue, Rechtsanwältin und Beschwerdeführerin aus Bangladesch zu ihrer Motivation: "Ich gehöre dem indigenen Volk der Marma im Südosten Bangladeschs an. 2017 gab es dort starke Monsunfälle, die schwere Erdrutsche verursachten. Dadurch starben zahlreiche Menschen und viele verloren ihr Hab und Gut, besonders ärmere indigene Personen. Als Rechtsanwältin wollte ich etwas tun, da so etwas auch meiner Familie und mir passieren könnte. Seither habe ich mit vielen vom Klimawandel Betroffenen aus Bangladesch, Nepal und Indien gesprochen, die bereits heute ihr Zuhause aufgrund der Klimakrise verloren haben. Hier haben die Konflikte um angemessene Lebensbedingungen bereits begonnen. Diesen Menschen möchte ich eine Stimme geben und für sie ein Bewusstsein schaffen in Deutschland, Europa und anderen Ländern, die für die Erderwärmung verantwortlich sind."

Miriam Siebeck, Beschwerdeführerin aus Stuttgart sagt: "Ich habe Angst vor den Konsequenzen, die die Klimakrise für mich und die Generationen nach mir hat. Seit knapp einem Jahr organisiere ich die FridaysforFuture-Demos in Stuttgart mit und habe so schon mehrere zehntausende Menschen bewegt. Trotzdem sehe ich nur leere Versprechungen, aber keine wirkliche Veränderung in der Politik. Wenn Millionen Menschen die Bundesregierung nicht zu einer zukunftsfähigen Klimaschutzpolitik bewegen können, dann muss sie eben gerichtlich dazu verpflichtet werden."

Jonathan Heckert, Beschwerdeführer, ebenfalls aus Stuttgart, ergänzt: "Die Politik der Bundesregierung widerspricht ihrer verfassungsrechtlichen Pflicht, die Lebensgrundlage künftiger Generationen zu erhalten. Ich möchte aber auch in Zukunft ein sicheres Leben in Deutschland führen, ohne regelmäßige Hitzesommer oder Jahrhundert-Hochwasser. Die dafür notwendigen Maßnahmen und Ziele fehlen im Klimaschutzgesetz. Das muss sich ändern - deshalb klage ich fürs Klima."

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)


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