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BDI: Gemeinsame Erklärung zum Vorhaben eines "Leistungsschutzrechts für Presseverleger"

Archivmeldung vom 24.09.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.09.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Verena N. / pixelio.de
Bild: Verena N. / pixelio.de

Das Bundesministerium der Justiz erwägt die Einführung eines sogenannten Leistungsschutzrechts zugunsten von Presseverlegern. Dies könnte die berufliche Nutzung frei zugänglicher Presseseiten im Internet einer allgemeinen Kostenpflicht unterwerfen. Im Ergebnis könnten die Verlage Abgabenerlöse in Milliardenhöhe erzielen - auf Kosten selbstständiger Berufsträger, kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie der deutschen Wirtschaft insgesamt.

Das Vorhaben betrifft damit keineswegs nur neuartige Geschäftsmodelle der Internetwelt, sondern es betrifft vielmehr jedes in Deutschland ansässige Unternehmen. Wir, die unterzeichnenden Verbände, erkennen keine Rechtfertigung für einen derartigen Eingriff. Wir betrachten eine vielfältige Presse- und Medienlandschaft auch im digitalen Zeitalter als unverzichtbares Gut. Ein "Leistungsschutzrecht" für Online-Presseverlage ist jedoch in keiner Weise geeignet, den digitalen Herausforderungen Rechnung zu tragen. Es wird insbesondere aus den folgenden Gründen vollständig abgelehnt: Online-Presseabgabe ist ordnungspolitisch inakzeptabel Jedem Anbieter im Internet ist unbenommen, den Zugang zu seinen Onlinediensten zu beschränken bzw. ausschließlich gegen entgeltliche Vereinbarung freizuschalten. Entscheidet sich ein Verlag hingegen für unbeschränkt zugängliche Presseangebote im Internet - zum Beispiel um mehr Nutzer anzusprechen und höhere Werbeeinnahmen zu erzielen, darf er nicht gleichzeitig über staatliche Regulierung durch die Hintertür hierfür eine ostenpflicht herleiten. Eine derartige mittelbare Bepreisung von Inhalten würde das marktwirtschaftliche Prinzip im Internet aus den Angeln heben. Um eine dauerhafte Kostenbelastung zu vermeiden, wären internehmen und Selbständige in Deutschland gezwungen, auf allen internetfähigen Geräten umfangreiche Zugangssperrungen für Verlagsseiten des In- und Auslands durchzuführen. Beschränkung der Informationsfreiheit Im Sinne der informationsfreiheit müssen frei zugängliche Texte oder Bilder im Internet angezeigt und allgemein betrachtet werden können. Dies ist essenziell um das Internet als das freiheitlichste und effizienteste Informations- und Kommunikationsforum der Welt - so auch das Bekenntnis im Koalitionsvertrag - mit Leben zu füllen. Im Widerspruch dazu steht der Vorschlag nach einem "ausschließlichen Recht" für Presseverleger, das Presseerzeugnis, oder Teile daraus zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Als Folge würden selbst kleinste Informationsteile auf allgemein zugänglichen Online-Verlagsseiten kostenpflichtig oder wären zu sperren.

Gefährdung der Innovationskraft im digitalen Wandel Die Finanzierung von Online-Verlegerpresse durch eine staatlich gewährleistete Kostenpflicht der Wirtschaft würde brancheninterne Anreize für innovative, selbsttragende Geschäftsmodelle reduzieren. Die pauschalen Zahlungen an eine neue Presseonline-Verwertungsgesellschaft wären auch nicht geeignet, die inhaltliche Qualität von Pressemedien zu fördern: Denn soweit die Verteilung der Einnahmen reichweitenorientiert erfolgt, werden vor allem massenkompatible Formate gefördert. Willkürliche Besserstellung ohne Vorteil für Urheberschutz Der Anknüpfungspunkt für eine "Leistungsschutzabgabe" allein für die Presseverleger erscheint willkürlich. Die journalistische Leistung des Autors wird durch dessen Urheberrecht geschützt und ist nicht Grundlage eines Leistungsschutzes der Verleger. Die "institutionell-organisatorische" Leistung der Presseverleger ist ebenfalls kein geeigneter Anknüpfungspunkt, da sie nicht über die anderer Anbieter werthaltiger Inhalte im Internet hinausgeht. Es entstünde eine systemfremde Privilegierung einer Online-Anbietergruppe mit unabsehbaren Folgen für Wettbewerb und Vielfalt im Internet. Wir, die unterzeichnenden Verbände, sprechen uns gegen das Vorhaben der Politik zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverleger aus. Erforderlich ist dagegen eine offene Diskussion über verbesserte Marktbedingungen der Medienwirtschaft, die innovative und zukunftsfähige Geschäftsmodelle in der digitalen Welt vorantreiben und damit auch die Grundlagen für einen unabhängigen Qualitätsjournalismus der Zukunft sichern. 

Verlegerverbände: BDI-Erklärung inkonsequent und pressefeindlich

Die gemeinsame Erklärung unter Federführung des BDI zum "Vorhaben eines Leistungsschutzrechtes für Presseverleger" ist bei den Verlagen auf Unverständnis und Irritation gestoßen.

"BDZV und VDZ fordern einen angemessenen Schutz der Leistungen der Presseverlage", sagten die Sprecher der Verbände. In einer freien Marktwirtschaft sei es selbstverständlich, dass gewerblich genutzte Leistungen auch vergütet würden. Für diese Grundsätze trete gerade auch der BDI ein. Erst jüngst forderte er ein Aktionsbündnis zum Schutz des geistigen Eigentums. Dies einzig der Presse nicht zugestehen zu wollen, um die eigene Kasse zu schonen, sei nicht nachvollziehbar. Als völlig überzogen wurde auch die Behauptung des BDI kritisiert, die Presse wolle Lasten in "Milliardenhöhe" auf die Wirtschaft abwälzen und gefährde damit insbesondere den Mittelstand. "Davon kann keine Rede sein", sagten die Sprecher. "Von Milliarden haben wir nie gesprochen. Im Gegenteil: Der BDI weiß aus Gesprächen mit den Verlagsverbänden, dass solch absurden Größenordnungen weder geplant noch vorgeschlagen worden sind."

"Wir wollen nicht mehr als das, was andere - nämlich Film-, Tonträger-, Datenbankhersteller und Konzertveranstalter - seit Jahrzehnten haben", so BDZV und VDZ. Es gelte zu verhindern, dass sich andere der Verlagsleistungen bedienten, ohne einen Cent dafür zu zahlen. Geplant sei aber keineswegs eine "Abgabe", der niemand entgehen könne. Der BDI behauptet dies fälschlicherweise trotz besseren Wissens. In Wahrheit schlagen die Verlage ein ordnungspolitisch einwandfreies Lizenzmodell vor. Sie bieten die gewerbliche Nutzung ihrer Webseiten gegen Entgelt an. Dieses Angebot kann nach freiem Ermessen angenommen oder abgelehnt werden. "Von einer Online-Presseabgabe kann deshalb nicht die Rede sein", so die Sprecher. "Dies dennoch zu behaupten, ist eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit."

Die Verlage wollen auch in Zukunft Qualitätsjournalismus und Vielfalt im Internet mit hohem personellen und finanziellen Aufwand sichern. Mit ihren digitalen Inhalten böten die Verlage der deutschen Wirtschaft Tag für Tag ein grenzenloses Wissen. Das könne nicht kostenlos sein. Bislang würden die Online-Inhalte überwiegend durch Print querfinanziert. Dieses Finanzierungsmodell habe keine Zukunft. Es werde daher darauf ankommen, die Inhalte dort, wo es sachgerecht sei, in Rechnung zu stellen. Dazu solle das Leistungsschutzrecht einen Beitrag leisten.

Die Presseverbände kündigten an, den Dialog mit der Wirtschaft fortzusetzen, um gemeinsam nach einvernehmlichen Lösungen zu suchen. "Wir sind zuversichtlich, dass ein konstruktiver Weg gefunden werden kann, der allen Seiten nutzt", sagten die Sprecher.

Quelle: BDI Bundesverband der Dt. Industrie / VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger

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