Nannen-Preis-Gewinnerin Gezer macht die besten Reportagen beim "Abhängen"
Archivmeldung vom 09.09.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie "Spiegel"-Redakteurin und Henri-Nannen-Preis-Gewinnerin Özlem Gezer findet die besten Protagonisten für ihre Reportagen beim Nichtstun. "Ich bekomme oft gute Zugänge, weil ich einfach eine Weile abhänge. So lief es bei fast allen großen Geschichten", erzählt die 33-Jährige im "medium magazin"-Interview (Ausgabe 9/2014). "Bevor ich die Hamburger Salafisten begleiten konnte, habe ich drei Monate in dieser Shisha-Bar abgehangen."
Wird Gezer zu einem Ort geschickt, häufig sind es soziale Brennpunkte, versucht sie die Umgebung auf die immer gleiche Weise zu erkunden: "Ich gehe immer zuerst in der Nähe des Schauplatzes essen. Irgendwo, wo viele Leute sind, wo ich Kellner ansprechen kann." Auf diese Weise bekommt Gezer Kontakte in einem Kiez. Außerdem versucht sie immer viel unterwegs zu sein, erkundet Gegenden mit ihrem Auto und ist nicht länger als vier Stunden in ihrem Hotelzimmer.
Im Gespräch mit ihren Protagonisten gibt Gezer auch viel von ihrer türkischen Herkunft preis, hört aber vor allem aufmerksam zu und stellt nicht viele Fragen. Manchmal hilft sie auch Menschen, um ihr Vertrauen zu gewinnen: "Bei armen Familien gehe ich zu Aldi und kaufe sechs Tüten Lebensmittel. Wenn meine Kollegen im "Einstein" Politiker bewirten, ist das auch nicht billiger."
Quelle: Medienfachverlag Oberauer GmbH (ots)