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Ergebnis Online-Umfrage: 98 % der Reizdarmpatient:innen leiden trotz Therapie weiter unter unspezifischen Darmbeschwerden

Archivmeldung vom 28.03.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.03.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Mary Smith
Untersuchungen aufgrund von Durchfällen
Untersuchungen aufgrund von Durchfällen

Bildrechte: © T. Weidner Fotograf: © T. Weidner

Ist die Diagnose erst mal gestellt, folgt mit der Behandlung eine rasche Linderung der Beschwerden - diese Hoffnung erfüllt sich bei Patient:innen mit Reizdarmsyndrom, bei denen über Jahre hinweg immer wieder Durchfälle, Blähungen und Bauchschmerzen auftreten, zum Leidwesen der Betroffenen in den meisten Fällen nicht. 177 der 180 an einer gemeinsam von der Dt. ReizdarmSelbsthilfe e.V., MAGDA (unabhängiges Informationsforum für Magen-Darm-Erkrankungen der Dt. Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität) und der Informationswebseite "Pflanzliche Darmarznei" durchgeführten online-Umfrage teilnehmenden Reizdarmpatient:innen haben trotz Reizdarmtherapie weiterhin die Lebensqualität-beeinflussenden Darmbeschwerden. Einer der möglichen Gründe könnte eine unerkannte exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) sein, bei der die Bauchspeicheldrüse zu wenige Verdauungsenzyme bildet und die Nahrung nicht aufgespalten werden kann.

Die Beschwerden der EPI und des Reizdarmsyndroms haben viele Überlappungen, was bei der Diagnosestellung zur Verwechslung führen kann. Mindestens 6 % der vermeintlichen Reizdarmpatient:innen leiden laut Literatur tatsächlich an einer EPI. Bei der Umfrage weisen Beschwerden nach dem Essen und fettige Stühle der Betroffenen auf einen Enzymmangel hin; die Bestimmung der Pankreas-Elastase 1 im Stuhl zum Nachweis der EPI wird jedoch nur in 7 % der veranlassten Untersuchungen durchgeführt. Dabei könnten durch eine EPI ausgelöste Beschwerden durch eine konsequente Einnahme von Arzneimitteln mit Verdauungsenzymen aus Reispilzen (Rizoenzyme) oder aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen zu den Mahlzeiten effektiv reduziert werden.

Reizdarm oder EPI? Auch die Fettverdauung macht den Unterschied

In 30,7 % der Fälle treten die therapieresistenten Darmbeschwerden der Umfrage-Teilnehmenden in Stresssituationen auf und bessern sich in stressfreien Zeiten. Das ist typisch für das Reizdarmsyndrom. In 26,2 % der Fälle treten die Durchfälle, Blähungen und Schmerzen jedoch etwa 30 Minuten nach dem Essen auf, besonders nach sehr fetthaltigen Mahlzeiten und großen Portionen (20,7 %). Diese Beobachtungen wiederum sind eher typisch für den Verdauungsenzymmangel der Bauchspeicheldrüse. Zudem geben 28,3 % der Teilnehmenden an, einen hellen, gelblichen, klebrigen, voluminösen Stuhl mit viel Luft drin zu haben, der dazu noch übel riecht. Dieser sogenannte Fettstuhl ist das charakteristische Symptom der EPI, das insbesondere bei schweren Krankheitsverläufen auftritt. Diese Umfrageergebnisse könnten darauf hindeuten, dass die Dunkelziffer der EPI unter Patient:innen mit diagnostiziertem Reizdarmsyndrom deutlich höher sein könnte als die in der Literatur beschriebenen 6 %.

Durch die wiederkehrenden Darmbeschwerden ist die Lebensqualität der Umfrage-Teilnehmenden eingeschränkt, am meisten bei sozialen Kontakten (23,2 %) sowie bei der Alltagsbewältigung (22,4 %). Darüber hinaus sind körperliche (18,1 %) und berufliche (19,2 %) Aktivitäten beeinträchtigt. Auch der Appetit und das Essverhalten werden beeinflusst (17,1 %). So verzichten die Betroffenen in 10,1 % der Fälle auf sichtbares und in 11,7 % auf verstecktes Nahrungsfett. In 3,8 % der Fälle werden sogar nur fettfreie Nahrungsmittel verzehrt. Diese Verhaltensänderungen sind weitere Hinweise darauf, dass die Darmbeschwerden durch eine EPI hervorgerufen sein könnten, bei der insbesondere die Verdauung der Nahrungsfette eingeschränkt ist und daher Beschwerden wie Fettstühle auslöst.

Ohne sichere Diagnose keine gezielte Behandlung

Bei der Reizdarmdiagnose sollten die Behandelnden möglichst alle individuell infrage kommenden Ursachen ausschließen, mitunter auch eine EPI. Durch Hinweise zu Stuhlbeschaffenheit und Zeitpunkt des Auftretens der Beschwerden können Betroffene ihre Behandler:innen bei der Diagnose unterstützen. "Die EPI wird leider als Auslöser von Durchfällen übersehen und eher Menschen mit chronischem Alkoholkonsum zugeordnet oder solchen, die an der Bauchspeicheldrüse voroperiert sind. Sie kann aber auch unabhängig von diesen Vorerkrankungen auftreten", gibt die Gastroenterologin PD Dr. Miriam Goebel-Stengel, Ärztliche Direktorin der Helios Klinik Rottweil und 1. Vorsitzende von MAGDA zu bedenken. Bei der Umfrage wurde die Stuhluntersuchung zum Nachweis der EPI nur in 7 % der Fälle durchgeführt (siehe Abb.). 80,2 % der Reizdarmpatient:innen wurden von ihren Behandler:innen gar nicht auf eine mögliche EPI befragt oder hingewiesen. Unter den über 90 % der Umfrage-Teilnehmenden, die noch nie wegen einer EPI behandelt wurden, könnten daher auch viele unerkannte Patient:innen mit EPI sein.

EPI-bedingte Darmbeschwerden können gezielt therapiert werden. Die einzige und allgemein anerkannte Behandlung der EPI ist die Einnahme der Verdauungsenzyme Lipase, Protease und Amylase zu allen fetthaltigen Haupt- und Zwischenmahlzeiten oder milchhaltigen Getränken. Diese Enzyme übernehmen die Funktion der fehlenden körpereigenen Verdauungsenzyme bei der Spaltung der Nahrungsmittel. Die Beschwerden nach dem Essen werden deutlich gemildert oder treten gar nicht erst auf. Lediglich 16 der 180 Teilnehmer der Umfrage (3,3 %) erhielten eine solche Substitutionstherapie mit Verdauungsenzymen aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen oder mit aus Reispilzen isolierten vegetarischen Verdauungsenzymen (Rizoenzyme). "Bei der EPI-Therapie ist für die über Jahre hinweg von Durchfällen geplagten Patient:innen mit 23,2 % der Nennungen die schnelle Linderung der Beschwerden das wichtigste Kriterium", erläutert Gerd Müller, 1. Vorsitzender der Deutschen ReizdarmSelbsthilfe e.V., die Ergebnisse der Umfrage. "Wir sehen jedoch bei unseren Mitglieder:innen, dass die Auswahl der Behandlungsmöglichkeiten und Präparate immer häufiger durch Kriterien wie Unverträglichkeiten, Lifestyle, persönlichen Vorlieben aber auch von Vorbehalten sowie religiösen und ideologischen Einstellungen der Betroffenen bestimmt wird", so Müller weiter.

Quelle: CGC Cramer-Gesundheits-Consulting GmbH (ots)

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