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Börsen-Zeitung: Die Angst vor dem Bankrott

Archivmeldung vom 19.05.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.05.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Am Montag zählt's. Dann kehren viele Investoren aus dem verlängerten Wochenende zurück und werden entscheiden müssen, ob die Meldungen der zurückliegenden Tage über die prekäre Lage des griechischen Finanzsektors und die Herabstufungen von 16 spanischen Banken sowie die Ergebnisse des G8-Gipfels in Camp David eine Neuausrichtung der Anlagestrategie erfordern. Je mehr Anleger zu dieser Einschätzung kommen, desto wahrscheinlicher wird es, dass die Notierungen - ebenso wie bereits in den beiden Vorjahren - im Sommer massiv unter Druck geraten.

Bislang dominiert unter Anlagestrategen die Einschätzung, dass den Märkten diesmal ein erneuter Kursrutsch erspart bleiben wird. Unmittelbar vor dem Wochenende setzte an den Finanzmärkten immerhin eine leichte Beruhigung ein, aber zu mehr als einer minimalen Erholung nach den jüngsten deutlichen Verlusten reichte es beispielsweise an den europäischen Aktienmärkten nicht. Der Euro Stoxx 50 fiel im Verlauf der Handelswoche um 4,9% auf 2145 Punkte, seit Mitte März ist er bereits um rund 500 Punkte abgerutscht. Das ist ein klares Signal für die wachsende Verunsicherung der Marktteilnehmer. Zur Schwäche tendieren zurzeit auch viele andere mit Risiken behaftete Assets, so notieren die Renditen der spanischen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit konstant über 6% - ein Niveau, das langfristig als nicht tragbar für den finanziell angeschlagenen Euro-Staat gilt. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihen notiert nur leicht darunter, während die Flucht in sichere Assets die Rendite der Bundesanleihen vom einem Rekordtief auf das nächste drückt.

Die größte Sorge fokussiert sich nun auf Athen. Nachdem dort die Regierungsbildung gescheitert ist, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Hellas aus der Währungsunion ausscheiden wird. Dies ist zumindest für den Fall das Szenario, dass bei den Neuwahlen Mitte Juni das Linksbündnis, das sich nicht an die Sparzusagen an die europäischen Partner halten will, erfolgreich ist. Griechenland benötigt aber weitere Finanzhilfen, ansonsten droht schon im dritten Quartal der Staatsbankrott.

Vor diesem Hintergrund vergrößert es die Besorgnis, dass sich der weltgrößte private Gelddrucker De La Rue laut Finanzkreisen bereits darauf vorbereitet, wieder die Drachme herzustellen. Ein Übriges tun Aussagen wie die des EU-Handelskommissars Karel de Gucht, der in einem stark beachteten Interview mit der belgischen Zeitung "De Standaard" sagte, das Endspiel in Athen habe begonnen und er wisse nicht, wie es ausgehen werde. An den Märkten gelten die Folgen eines Austritts der Griechen aus der Staatengemeinschaft weiterhin als kaum abzuschätzen. Die Volkswirte der Schweizer Großbank UBS kommen in einer vor dem Wochenende veröffentlichten Analyse zu dem Ergebnis, dass es für die Euro-Länder in jedem Fall deutlich günstiger wäre, wenn man Griechenland in der Gemeinschaft halten und einen Weg zur Restrukturierung der drückenden Schuldenlast finden könnte. Die Kosten, die dann auf Europas Steuerzahler zukämen, beziffert die UBS auf rund 60 Mrd. Euro. Ein Austritt der Griechen aus der Eurozone könnte hingegen Kosten bis zu 225 Mrd. Euro verursachen, wenn beispielsweise in anderen angeschlagenen Ländern ein Ansturm auf die Banken einsetzte oder wenn letztlich sogar die nationalen Notenbanken rekapitalisiert werden müssten.

Optimisten müssen nun tapfer sein. Ihnen dürfte es zumindest Hoffnung machen, dass die erste Umfrage, die nun in Athen nach den Wahlen durchgeführt worden ist, die Chance auf ein Regierungsbündnis der konservativen Partei Nea Dimokratia und der sozialistischen Partei Pasok eröffnet. Das Wahlergebnis wird indes erst in vier Wochen vorliegen. Bis dahin ist es essenziell, dass die zur Veröffentlichung anstehenden Konjunkturdaten insbesondere aus den Vereinigten Staaten und aus China die These untermauern, dass die Weltwirtschaft inzwischen auf einer viel stabileren Basis steht als noch vor zwölf Monaten. In den nächsten Tagen rückt dabei vor allem der Auftragseingang für die US-Industrie in den Fokus.

Kurzfristig maßgeblich für die weitere Entwicklung der Märkte dürfte es allerdings sein, was der EU-Sondergipfel zum Thema Wirtschaftswachstum am Mittwoch in Brüssel bringen wird. Nur mit eindeutigen Ergebnissen haben Europas Spitzenpolitiker die Chance, das Vertrauen der Investoren in die Eurozone ein wenig zu stärken. Schließlich ist jedem klar, dass es in der Eurozone zu wenig Wachstum und viel zu viele Schulden gibt, um die aktuelle Krise zu meistern. Scheitert die Politik daran, einen Weg aus dieser Spirale aufzuzeigen, könnte dies bereits der Auslöser für einen Rückzug der Investoren sein.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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