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Rheinische Post: Die CDU ist fast nur noch Merkel

Archivmeldung vom 16.11.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.11.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Angela Merkel hat neun Ehrendoktortitel, wurde fünfmal zur mächtigsten Frau der Welt gekürt und ist Ehrenmitglied von Energie Cottbus. Man könnte meinen, sie habe alles erreicht. Doch seit dieser Woche ist die Kanzlerin auch die "Diversity-Persönlichkeit des Jahres". In seiner Laudatio verstieg sich ein Juror dazu, den "Migrationshintergrund" Merkels zu loben, weil diese in der DDR groß geworden sei, also als Frau, Ostdeutsche und Seiteneinsteigerin in der CDU die fleischgewordene Vielfalt sei.

Ihr Terminkalender erwies der Kanzlerin die Gnade, sich das nicht anhören zu müssen. Sie war lediglich per Videobotschaft vom Leipziger Parteitag zugeschaltet. Allerdings war nur die Laudatio schräg, der Preis durchaus verdient. Tatsächlich verkörpert Merkel eine Vielfalt der Positionen, die von Kritikern als Fehlen eines Kompasses analysiert wird. Das stimmt allerdings nur, wenn man die Parteipolitik noch aus den Schützengräben von gestern betrachtet. Merkel ist der Helmut Schmidt'schen Doktrin "Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen" näher gekommen als Schmidts männliche Nachfolger. Kohl: ein visionärer Europäer. Schröder: ein Aufsteiger, der den Sozialstaat zukunftsfest schleifte. Merkel dagegen ist pragmatisch wie Schmidt. Sie vermeidet Festlegungen, sucht Mehrheiten zu erfassen, Trends zu erspüren, setzt sie aber nicht. Es ist dieser positive Opportunismus, der jeder Partei, die Wahlen gewinnen will, innewohnen muss. Die Friedhöfe der Politik dagegen sind voller Menschen, die immer recht behielten. Wichtigste Grundlage der Vermerkelung der Union ist, dass sie keine Programmpartei wie die SPD ist. Dahinter liegt der immer noch prägende Einfluss des rheinischen Kapitalismus auf die Union. Die Partei ahnt, bestenfalls weiß sie es immer noch, dass die Wirklichkeit Dogmen rund schleift wie der Rhein die Steine. Ein Musterbeispiel dieses Politikansatzes, den die Norddeutsche Merkel antizipiert wie kaum ein Zweiter in ihrer Partei, ist der Mindestlohn-Kompromiss. Aus der "Lohnuntergrenze" kann sich jeder herauslesen, was er möchte. Auf der Leipziger Wallstatt gab es nur Sieger, keine Verlierer. Merkels CDU gefährdet sich deshalb nicht durch die vermeintliche Sozialdemokratisierung, die vor allem Anpassung an die Realitäten ist. Vielmehr krankt die Partei daran, dass ihre Vorsitzende vielfältig ist, ihr Umfeld aber immer weniger. Merkel hat es nicht zugelassen, vielleicht aber auch nur nicht vermocht, neben sich "Diversity" entstehen zu lassen. Einzig NRW-Landeschef Norbert Röttgen denkt nach vorn und eigenständig. Vorzeigekonservative, identitätsstiftende Wirtschaftsköpfe? Fehlanzeige. Dieser Fachkräftemangel in der CDU wird die Macht Merkels irgendwann aushöhlen. So lange ist sie allein der Garant der Macht für die Union. Auch deshalb gibt es keine echte Opposition in der Partei gegen die Führungsfrau. Die CDU 2011 besteht fast nur noch aus Merkel.

Quelle: Rheinische Post (ots)

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