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"DER STANDARD": "Die Koalition im falschen Film"

Archivmeldung vom 28.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das wird was werden: Bundeskanzler Werner Faymann hat sich, seiner Partei und dem verfreundeten Koalitionspartner am Dienstag nach Weihnachten Disziplin verordnet. Es sollen nicht alle wie im Hühnerstall ständig herumgackern: Steuern rauf, Steuern runter, mehr Einsparungen, weniger Einsparungen. Wer soll sich daran halten? Ganz sicher nicht die Koalitionsparteien. Dort ist es doch längst ein breitenwirksamer Sport geworden, sich anhand der geplanten Budgetkonsolidierung mit aller Gewalt zu positionieren.

Von den Landeshauptleuten hinab bis zu den lokalen Parteifunktionären arbeiten sich derzeit ohnedies alle am Thema Einnahmen und Ausgaben ab. Die Parteichefs sowieso - als ob schon Wahlkampf wäre. Die SPÖ steht für neue Steuern, also fürs Einnehmen: Das nennt sich in der Kanzlersprache soziale Gerechtigkeit. Die ÖVP steht fürs Sparen, das lässt sich irgendwie in einen Leistungsbegriff übersetzen. Im Prinzip haben das mittlerweile eh schon alle verstanden, für die ganz Begriffsstutzigen haben es Wiens Bürgermeister Michael Häupl für die SPÖ und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll für die ÖVP (und beide natürlich auch für sich selbst) am Christtag noch einmal aufbereitet. Häupl will, dass zwei Drittel des Gesamtvolumens über neue Steuern aufgebracht werden, Pröll ist anderer Meinung: Man solle jetzt ambitioniert sparen und frühestens in zwei Monaten über Steuern reden. Noch etwas: Werner Faymann spricht konsequent vom "Konsolidierungsbedarf", Vizekanzler Michael Spindelegger dagegen bemüht noch den "Sparbedarf". Insgesamt geht es um zehn Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren. Das ist ein ambitioniertes Ziel. Und ein Volumen, das sich mit Sicherheit nicht nur mit neuen Einnahmen oder nur mit einem harten Sparkurs erreichen lässt, ohne dass das wirtschaftliche oder das soziale Gefüge des Landes komplett aus dem Lot gerät. Also werden am Ende des langen Weges auf beiden Seiten jeweils Schuldzuweisungen stehen. Wir wollten ja eh, aber die SPÖ / die ÖVP hat uns nicht lassen. Bis dahin wird knallharte Klientelpolitik betrieben oder zumindest vorgetäuscht. Die SPÖ setzt auf Eat the rich. Das ist der Titel eines gesellschaftskritischen Films aus dem Jahr 1987, in dem die Reichen tatsächlich verspeist werden, das Motto war auch für einige Opernballdemos gut. Die Reichen sollen also bluten - beim Verdienst, beim Vermögen, bei den Immobilien. Noch tut die SPÖ so, als ob die breite Mittelschicht und erst recht die sozial weniger Privilegierten nicht vom "Konsolidierungspaket" betroffen sein würden. Bei der ÖVP wird ein anderer Film gezeigt. High Society, bei uns auch Die oberen Zehntausend genannt. Die ÖVP geriert sich als die Schutzpatronin jener oberen Zehntausend, deren Vermögen sie verteidigen will. Leistung muss sich lohnen. Gespart werden soll bei den Verschwendern und Schmarotzern, in der Verwaltung und bei den Eisenbahnern, den privilegierten unteren Zehntausend. Da läuft in beiden Parteien der falsche Film ab. Und spätestens im März, wenn das Paket beschlossen werden soll, wird auch die jeweilige Klientel zur Kenntnis nehmen müssen, dass sie in diesem Ausmaß nicht bedient und nicht bedacht und nicht beschützt werden kann, wie ihre vorgeblichen Schutzherren das jetzt verkünden. Vor dem Happy End reißt der Film.

Quelle: Der Standard (ots)

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