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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Belgien

Archivmeldung vom 19.11.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.11.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Gut so. König Albert II. ist doch nicht der einzige oder gar letzte Belgier. Einige Zehntausend demonstrierten gestern in Brüssel gegen die Unfähigkeit der Politiker, sich endlich zusammenzuraufen.

Das Land ist seit 161 Tagen ohne neue Regierung. Die Streitigkeiten zwischen Flamen und Wallonen lähmen alles. Die gestrige Großdemonstration wohlmeinender Staatsbürger war deshalb ein Ordnungsruf erster Güte.
Am Donnerstag waren zum ersten Mal Rufe zur Teilung des Landes unüberhörbar skandiert worden. Ausgerechnet am »Tag des Königs« forderten flämische Extremisten in Sprechchören bei der Vorfahrt der Königsfamilie die Teilung ihres Landes. Schon die Frage, wie das möglich war, sorgt für neue Unbill. De facto sind einige Minister und Regionalpolitiker kaum besser als der Mob vom rechtsradikalen »Flams Belang« und andere Krawallmacher. Mal wird ordnungsgemäß gewählten Bürgermeistern die Ernennung verweigert, weil sie Wahlaufrufe an frankophone Bürger in französischer Sprache versandt hatten. Ein anderes Mal geht es an Wahlkreise, Pfründe oder Zuständigkeiten. Das veranlasst die jeweils schwächere Seite, eine von oft mehreren Blockademöglichkeiten zu nutzen. So gesehen ist der aktuelle Stillstand auch das Ergebnis seit Jahren ausufernder Kompromisspraxis und übertriebenen Minderheitenschutzes.
Gewonnen hatte die Wahl Mitte Juni der Flame Yves Leterme. Theoretisch müsste er nur die Christdemokraten und Liberalen beider Seiten zusammenführen. Praktisch ist selbst der jüngste Vermittlungsversuch von König Albert II. fehlgeschlagen. Verfassungsgemäß hat der Monarch kaum Möglichkeiten. Er kann eben nur an den guten Willen appellieren.
Völlig außer Acht gelassen fühlt sich unterdessen die dritte belgische Sprachengruppe, 70000 Deutsche in der Region Eupen. Sie haben sich bestens eingerichtet mit einem eigenen Regionalparlament und zahlreichen Sonderrechten bis zu einem unabhängigen Schulwesen. Rheinländer, Westfalen oder Lipper können da nur staunen. Schon spekulieren einige Niederländer über den Anschluss von sechs Millionen Flamen mit hoher Steuerkraft. In der Tat ist eine Trennung nicht mehr vollkommen ausgeschlossen.
Angst vor dem eigentlich Undenkbaren dürfte gestern manche Belgier wachgerüttelt und veranlasst haben, sich am Protest gegen die Regierungskrise und für die nationale Einheit zu beteiligen. Ratlosigkeit herrscht auch bei den Nachbarn. Wirklich helfen können sie nicht. Schon gar nicht sollten sie das Ende Belgiens herbeireden oder dummdreiste Gebietsansprüche anmelden.
Besonders pikant: Nicht einmal die Rezepte der Europäischen Union für die Stärkung der Regionen erweisen sich als brauchbar. Ausgerecht in einem Stamm- und Gastgeberland der Europäischen Gemeinschaft erlebt die Gemeinschaftsidee ihr Waterloo - das übrigens zur Wallonie gehört.

Quelle: Pressemitteilung Westfalen-Blatt


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