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Leipziger Volkszeitung zur Fußball-Euphorie

Archivmeldung vom 06.07.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.07.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Deutschland hat verloren. Knapp. Aber, wenn wir ehrlich sind, nicht unberechtigt. Die Italiener hatten das notwendige Gramm Kraft, Ausgebufftheit und Glück mehr in die Waagschale zu werfen. Tränen sind geflossen. Der Traum vom Finale im eigenen Land ist jäh geplatzt, wenige Minuten vorm rettenden Elfmeterschießen.

Die Mannschaft hatte keine Chance mehr das zu tun, was sie mit ihrer wiederentdeckten deutschen Fußballtugend so sympathisch macht: Sich zurückzukämpfen. Aber nur wenige haben ihre deutsche Flagge über Nacht vom Auto gerissen, obwohl der ekstatische Jubel der vergangenen Wochen in tiefe Trauer umschlug. Verbunden jedoch mit der Erkenntnis, dass sich die Welt weiter dreht, wenn auch wieder etwas langsamer. Die positive Grundstimmung, die Jürgen Klinsmann und seine famos spielende Aufbautruppe über Deutschland gebracht haben, wurde, wenn wir Glück haben, nur für eine Schocksekunde unterbrochen. Die Enttäuschung schlug nicht um in Aggression gegen eine junge Mannschaft, die mit ihrem noch unausgeschöpften Potenzial viel erreichen kann. Deutschland erst vereint in unerwarteten Siegen, dann in der von vielen schon nicht mehr für möglich gehaltenen Niederlage: Dies ist die niemanden bedrohende und sympathische Form von Patriotismus, die Deutschland zu einem guten Gastgeber von Freunden aus aller Welt gemacht hat. Kein Grund also für schlechte Laune. Insgesamt hat Deutschland gewonnen.
Schön war's - und wird es aller Voraussicht nach bis zum Endspiel bleiben, auch wenn die deutsche Elf nur noch um den dritten Platz kicken darf. Klinsmann hat auf seine gleichzeitig extrem ehrgeizige und unverkrampfte Art mehr erreicht als viele dem Reformer und Weltbürger ohne Tellerrand-Probleme zugetraut hatten. Deutschland gehört zu den vier besten Fußballnationen der Welt. Das ist was, auch wenn die Zuschauer der zwölfte Deutsche auf dem Rasen waren. Wer hatte nicht alles geunkt, die Klinsmänner würden Mühe haben, die Vorrunde zu überstehen. Es sind die Pessimisten und Dauernörgler, die eines Besseren belehrt wurden.
Exzesse von rechtsradikalen Dummköpfen waren befürchtet worden. Teile Ostdeutschlands wurden zu ausländerfeindlichen Zonen erklärt, von denen sich Touristen lieber fern halten sollten. Die Stadien seien nicht sicher und die Fanfeste würden zu Trinkorgien und Massenprügeleien eskalieren. Wenige Tage vor dem Finale haben sich all diese Befürchtungen als Luftnummern erwiesen. Auch leere Stadien wegen des überbürokratisierten Kartenverkaufs sind weitgehend ausgeblieben. Sicherheitskontrollen strangulierten nicht die Fußballlust.
Die WM hat Deutschland lockerer und weltoffener gemacht, aber aus uns keine anderen Menschen. So werden wir auch in Zukunft typisch deutsche Fragen stellen. Wie lange bleiben uns Klinsmann und seine unverwüstliche Aufbruchstimmung erhalten? Warum gelingt der Politik so was nicht? Und werden wir in vier Jahren endlich wieder Fußball-Weltmeister?

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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