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Westdeutsche Zeitung: Der Volksentscheid in Stuttgart ist alles andere als ein Vorbild

Archivmeldung vom 26.11.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.11.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nur Weltfremde glauben, Stuttgart 21 sei ein Musterbeispiel für direkte Demokratie. Zwar beeindruckt auf den ersten Blick die Entwicklung, die morgen in einen bundesweit beachteten Volksentscheid mündet: Ausgerechnet in einer der traditionellsten Ecken Deutschlands, die man eher mit Kehrwoche, Spießigkeit und Langeweile verbindet, reifte eine neue Protestkultur heran. Schon 100 Mal demonstrierten vor allem sehr bürgerliche Kreise. Und Stuttgart 21 hat dazu beigetragen, dass Baden-Württemberg einen grünen Ministerpräsidenten erhielt. Das hätte vor wenigen Jahren keiner erwartet.

Dennoch taugt der Volksentscheid nicht als Beispiel dafür, wie sich Volksmeinung Bahn verschafft. Dem steht die Landesverfassung entgegen, die die Hürde für einen Erfolg extrem hoch legt. Denn selbst wenn die Bahnhofs-Gegner deutlich gewinnen, hilft ihnen das nichts, wenn sie nicht ein Drittel der Wahlberechtigten für sich mobilisieren. Eine so zu Stande gekommene Niederlage würde Frustration und im schlimmsten Fall blinde Wut erzeugen. Hinzu kommt eine verwirrende Formulierung auf dem Stimmzettel, die Kreuze am falschen Platz wahrscheinlich macht. Viele werden das Ergebnis deshalb nicht akzeptieren wollen.

Aus einem zweiten Grund ist Stuttgart 21 kein Modell für eine direkte Demokratie, sondern könnte sogar demokratischen Prinzipien widersprechen. Im Gegensatz zu anderen Volksentscheiden wird über eine Maßnahme abgestimmt, die längst im Bau ist. Das ist zu spät, zumal die Entscheidung vorher korrekt nach den parlamentarischen Spielregeln ablief. Insofern könnte Stuttgart sogar ein gefährliches Signal für ganz Deutschland sein: Wenn sich nur genügend Protestierende vehement gegen ein längst genehmigtes und gestartetes Projekt aussprechen, kann es kippen. Das würde Kommunen und Unternehmen ihre Planungssicherheit rauben und Milliarden kosten.

Wenn ein Volksentscheid sinnvoll sein soll, dann sollte er anders als dieser ablaufen. Man muss die Menschen rechtzeitig fragen und auf Verständlichkeit achten. In Stuttgart hätte ein Blick ins benachbarte Bayern genügt. Dort funktionieren Volksentscheide seit 1946 - außer bei Verfassungsänderungen - nach einfacheren Regeln.

Quelle: Westdeutsche Zeitung (ots)

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