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Börsen-Zeitung: Immer weiter talwärts

Archivmeldung vom 10.09.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.09.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Am 6. November 1952 setzten sich Wilhelm Vocke, erster Präsident der Deutschen Bundesbank, und Fritz Schäffer, erster Finanzminister der Bundesrepublik, mit Vertretern namhafter Kreditinstitute zusammen. Grund des Treffens war die Einrichtung eines sogenannten Bundesanleihe-Konsortiums, das Vater Staat den Zugang zu den Kapitalmärkten und damit die Kreditaufnahme gewährleisten sollte. Fünf Wochen später kam das erste Schuldpapier der Deutschen.

Fünf Jahre Laufzeit hatte es und zahlte den Investoren 5,5% Zinsen jedes Jahr. 500 Mill. DM wurden seinerzeit über diese Schuldverschreibung in die Kasse des Staates gespült. An das lange Marktende wagte sich der Bund erst rund sieben Jahre später. Im Oktober 1959 gab es die erste Bundesanleihe (Kennnummer: 110001) mit einer Laufzeit, die heute in den zehnjährigen Bereich eingeordnet würde. Sie lief bis 1973. Nach Angaben der Deutschen Finanzagentur, die heute das Schuldenmanagement des Bundes regelt, ging das Papier an die Anleger zum Satz von 5,5%.

Meilenweit entfernt

Zinsen bzw. Renditen im Bereich von 5 bis 5,5% bei einer Laufzeit von zehn Jahren sind für Fixed-Income-Investoren ein Traum, sofern es sich um eine Triple-A-Adresse handelt. Für die Triple-A-Adresse Bund sind Renditen im genannten Bereich derzeit dagegen ein Alptraum und angesichts der Marktverfassung und der Perspektiven schlichtweg undenkbar. Zehnjährige Renditen auf dem Niveau von 5% gelten derzeit am Markt für die finanziell unter Druck geratenen Eurozonen-Peripheriestaaten Spanien und Italien. Zumindest versucht die Europäische Zentralbank (EZB) - so die sich im Markt verfestigende Einschätzung -, die zehnjährigen Staatsanleiherenditen dieser beiden Länder auf dem Niveau von um die 5% zu halten, um ihnen noch den Marktzugang zu gewährleisten. Der Bund liegt meilenweit davon entfernt. Die zehnjährigen Bundestitel markierten das Rekordtief in der abgelaufenen Woche - nach dem Rücktritt von EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark - bei 1,77%. Fünfjährige Laufzeiten liegen schon unter 0,9%. Bei 30 Jahren sind es rund 2,75%. Traumhafte Verschuldungskonditionen für den Bund.

Die Bund-Renditen bewegen sich entlang der gesamten Laufzeitenkurve von zwei bis 30 Jahren Fälligkeit immer weiter talwärts. Gründe dafür gibt es viele. Seit geraumer Zeit wirkt die Staatsschuldenkrise als gravierender Einflussfaktor. Die Politik bleibt Lösungen schuldig, weshalb die Verunsicherung der Investoren anhält. Das heizt die Flucht in Sicherheit immer wieder aufs Neue an. Bundesanleihen sind der Nutznießer.

Hinzu kommt, dass sich auch außerhalb der Märkte in den vergangenen Wochen die Einschätzung durchgesetzt hat, dass die Staatsschuldenkrise und die damit einhergehenden Konsolidierungsmaßnahmen zu einem Nachfragerückgang des Staates führen werden, was die Unternehmen nachhaltig zu spüren bekommen. Das sorgt für Absatzrückgänge. Die Unternehmen werden mit düsteren Aussichten aufwarten. Die Kursrückgänge an den Aktienmärkten sprechen eine klare Sprache. Es wird zudem umgeschichtet, eben in die sicheren Bundestitel. Die Flucht in Sicherheit hat noch einen weiteren Aspekt. Der Schweizer Franken war lange Zeit eine Fluchtwährung für die Anleger. Der Franken wertete enorm auf. In der abgelaufenen Woche entschieden sich die Schweizer Notenbanker, sich dieser Aufwertung entgegenzustellen. Zu groß ist die Furcht im eigenen Land, dass die Wirtschaft infolge der Franken-Stärke erheblich unter Druck geraten könnte. Die Schweizer Notenbanker legten einen Mindestkurs zum Euro fest. Die dadurch auflaufenden Euro-Bestände werden die Notenbanker investieren. Vermutlich werden sie sichere Anlagen wollen. Es darf spekuliert werden, wie viel in Triple-A-Anleihen der Eurozone investiert wird und wer davon wohl am meisten profitieren wird.

Zu diesem Mix an Faktoren, die allesamt auf die Bund-Renditen drücken, kommen nun noch die Wachstumsrisiken für die Eurozone, die jüngst die EZB ausgemacht hat. Gleichzeitig sehen die Euro-Währungshüter keine Aufwärtsrisiken mehr für die Inflationsentwicklung. Auf absehbare Zeit dürften Leitzinserhöhungen und damit entsprechende Marktfantasien bezüglich der Renditeentwicklung vom Tisch sein. Aufwärtsdruck auf die Bundesanleiherenditen ist von dieser Seite demzufolge nicht zu erwarten. Gegen Ende dieses Monats kommen zudem die deutschen Schuldenmanager und werden den aktualisierten Emissionsplan für das vierte Quartal vorlegen. Sollten hier womöglich noch Volumenkürzungen hinzukommen, spricht auch von der Angebotsseite nichts für steigende Renditen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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