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Mittelbayerische Zeitung: Zum EU-Gipfel: Vertragsentwurf steht auf wackligen Beinen

Archivmeldung vom 10.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Trotz aller Zuversicht der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt doch der Eindruck, dass der Entwurf des neuen Eurovertrags noch auf sehr wackligen Beinen steht. Es scheint, als stehe und falle das Projekt für die strengere Haushaltsdisziplin der Euroländer weiter mit dem guten Willen der Briten. Oder zumindest mit einer gutwilligen Auslegung des EU-Rechts. Wenn ein Jurist wollte, könnte er vermutlich die Pläne des Rates durchkreuzen. Er müsse das EU-Recht nur etwas anders auslegen, als die Juristen des Rates es getan haben. Warum sonst musste der Rat während der Verhandlungen dauernd von seiner Rechtsabteilung gegenchecken lassen, ob der EU-Vertrag die ausgetüftelten Bestimmungen für ein bissigeres Disziplinarverfahren erlauben würde.

Der EU-Vertrag lasse Spielräume für den Nebenjob der Kommission als Superaufpasser für den Euroklub, erklärten die Ratsjuristen. Das klingt doch sehr vage für eine solide rechtliche Grundlage. Es bleibt zu hoffen, dass die Eurogruppe die Disziplinarregeln wirklich fest in einem Vertrag verankern kann. Anders traut dem Schuldenklub nämlich immer noch kein Anleger über den Weg. Ohne scharfe Gesetze werden sich die Mitgliedstaaten kaum in ihrer Haushaltsführung zügeln. Ohne eine Vertragsklausel, die der Kommission das Recht gibt, Euroländer zu verklagen, wird es keinen Durchbruch zur Wirtschafts- und Finanzunion geben, den die Kanzlerin bereits in den jetzigen Gipfelbeschlüssen sehen möchte. Jeder Staat hat eigene Interessen, die er vertritt. Großbritannien ist da bekanntlich keine Ausnahme. Ohne Vorschriften macht jeder einfach weiter, wie gehabt, gelobt Besserung und der Kommission bliebe weiterhin nur die Aufgabe, gute Ratschläge zu verteilen und den Zeigefinger zu heben. Warum geht eigentlich jetzt noch keiner hin und zerrt einen Haushaltssünder vor den Europäischen Gerichtshof, wenn die 60 Prozent Schuldengrenze überschritten ist? Ohne eine unabhängige Kontrollinstitution müssten die Mitgliedstaaten sich gegenseitig vor dem Europäischen Gerichtshof anschwärzen. Das ist kaum vorstellbar: Musterknabe Luxemburg verklagt Schuldensünder Deutschland? Welche Krähe würde der anderen da ein Auge aushacken? Allen Beteiligten ist wohl bewusst, dass sich Finanzmärkte und auch die Europäische Zentralbank selbst auf keine bloßen Absichtserklärungen der Mitgliedsstaaten einlassen werden. Die Europäische Zentralbank erwartet einen überzeugenden Haushaltspakt, bevor sie weiter eingreift, um zum Beispiel Anleihen von Italien und Spanien aufzukaufen. EZB-Chef Mario Draghi äußerte, dass die Beschlüsse einem guten Haushaltspakt nahe kämen. Das klingt nicht überzeugend, vielleicht gerade mal befriedigend. Insgesamt ist es doch immer wieder verwunderlich, wie vor und während den Gipfeln die Kampfparolen nur so hageln und am Schluss wieder alle traute Einigkeit vortäuschen. Nach friedlicher Atmosphäre klangen die Stimmen aus den Verhandlungen jedenfalls kaum.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)

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