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WAZ: Der Präsident und die Mailbox

Archivmeldung vom 06.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Man würde, nach aller geschriebenen Kritik schon aus Gründen gefühlter Gerechtigkeit, den Bundespräsidenten gerne einmal verteidigen. Nicht aus Neigung zu Christian Wulff, sondern aus Respekt vor dem obersten Staatsamt. Nur: Welche Entlastungs-Argumente ließen sich denn ins Feld führen? Es fallen einem einfach keine ein. Der Präsident jedenfalls liefert sie nicht. Stattdessen erhebt er sich erst zum Vorbild an Transparenz, um dann bei erster Gelegenheit, bei der diese Offenheit zu belegen wäre, zu kneifen. Soll man allen Ernstes der Erklärung Wulffs folgen, sein Anruf auf der Mailbox des Bild-Chefredakteurs sei nur für diesen bestimmt gewesen und daher nicht frei zur Veröffentlichung?

Spätestens, als der Präsident im Fernsehen behauptete, es sei ihm nicht um die Verhinderung von Berichterstattung gegangen, sondern nur um deren Aufschub, hatte er eine Tatsachenbehauptung in die Welt gesetzt. Eine, der Bild widerspricht. Es geht also nicht mehr um die Frage: Private Mitteilung oder nicht, sondern: Wer sagt die Wahrheit - die Zeitung oder das Staatsoberhaupt? Bild besitzt den Beweis, der Präsident nicht. Die Zeitung kann gar nicht anders: Sie muss den Anruf jetzt veröffentlichen. Der Springer-Verlag sollte seine Weigerung, dies zu tun, aus staatspolitischen Gründen überdenken. Sollte nämlich Wulff im Fernsehen eine falsche Darstellung abgeliefert haben, wäre das der berühmte Tropfen zu viel. Ein Staatsoberhaupt, das lügt - unvorstellbar. Frage: Weshalb schreibt der Präsident an den Bild-Chef, seine Version habe er "nach meiner Erinnerung" und "trotz meiner emotionalen Erregung" zum Ausdruck gebracht? Will Wulff vorbeugen? Würde der Wortlaut öffentlich, würde dabei klar, dass er tatsächlich den Bild-Bericht stoppen wollte, dann handelte es sich nicht mehr um eine Lüge, sondern nur noch um eine getrogene Erinnerung. Sie wäre, so dann die nächste Verteidigungslinie, nicht mehr eines Rücktritts wert. Wulff beschwert sich, dass Teile seiner "Kriegs"-Mailbox-Nachricht anderswo veröffentlicht wurden. Er verbiegt die Dinge. Er hätte den Anruf eben sein lassen sollen. Wäre es ihm nur um Verschiebung der Berichterstattung um einen Tag gegangen - weshalb hätte er sich dann für einen "schweren Fehler" entschuldigen müssen? Fazit: Es naht der Zeitpunkt, da ein Verbleiben Wulffs im Staatsamt mehr Schaden stiftet als ein Rückzug.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots)

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