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Berliner Morgenpost: Therapiestunden in Kopenhagen

Archivmeldung vom 18.12.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.12.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wenn die Klimakonferenz von Kopenhagen einen Wert hatte, dann die Erkenntnis, dass derlei globale Spektakel offenbar nicht geeignet sind, um globale Probleme zu lösen. Denn in Wirklichkeit geht es nicht ums Kohlendioxid, sondern um weitaus irrationalere Ziele. Wie einst bei Olympia werden in Kopenhagen nationale Eitelkeiten, ökonomische Interessen, aber auch ganz schlichte, aber umso tiefer reichende emotionale Befindlichkeiten wie Stolz und Ehre verhandelt.

Verständlich, dass auch die kleineren Gipfelteilnehmer mal in die Weltpresse wollen und allerlei bewegende Auftritte inszenieren, die allerdings nur eine Folge haben: Sie bremsen. Am Ende sind es die beiden Großen, die das unschöne Finale bestreiten und den Gipfel endgültig planieren, womöglich gar in perfider Eintracht. Solange die Weltmächte China und die USA noch nicht einmal gegenseitig akzeptierte und öffentlich überzeugende Rollen gefunden haben, auf deren Grundlage überhaupt verhandelt werden kann, ist jedes Gespräch über konkrete künftige Pflichten hinfällig. Der Welt wird in diesen Kopenhagener Tagen klar: Zuerst geht es um nationale Interessen - und erst dann ums Klima. Eben dies hat ja auch die Kanzlerin bestätigt mit ihrer Erklärung, die Deutschen könnten ja nicht immer Öko-Vorreiter sein, vulgo die gutgläubigen Trottel, die der eigenen Ökonomie schadeten. Die Länder und Regionen der Welt, das zeigt Kopenhagen, sind in einem vielfältigen hierarchischen Geflecht gefangen, wo Vorbehalte und Eitelkeiten, aber auch Komplexe und schnöde Egoismen herrschen. Solange aber nationale Befindlichkeiten dominieren, wird jeder Kompromiss in irgendeinem Teil der Welt als Niederlage interpretiert und folgerichtig torpediert. Es war ein Fehler, das Treffen von Kopenhagen mit großen Heilserwartungen zu überfrachten. Der Klimagipfel ist nichts mehr als eine Übungsstunde für die Weltgemeinschaft. Wie bei einer Therapiestunde für Schwererziehbare kann es kaum um mehr gehen, als ein Minimum an Respekt und mithin Gesprächsfähigkeit herzustellen. Erst auf dieser Grundlage machen Verhandlungen über Zahlen überhaupt Sinn. Die Klimarunde erinnert in ihrer hoffnungslosen Festgefahrenheit durchaus an manchen EU-Gipfel. In Europa zeigt sich im Kleinen, womit die Welt im Großen zu kämpfen hat: Grenzüberschreitende Probleme erfordern ganz neue Modelle der Lösung. Es ist eben illusorisch zu glauben, dass 15000 Delegierte, von denen jeder in der Heimat gefeiert werden will, auf irgendein nennenswertes gemeinsames Ergebnis verpflichtet werden könnten. Globale Probleme erfordern eine neue globale Diplomatie, die eher abseits großer Bühnen stattfinden muss. Fakt ist: Ohne die USA und China geht nichts, deswegen müssen sich die beiden Super-CO2-Mächte zuerst einmal auf Ziele und Wege einigen. Dass die Kanzlerin angesichts wachsender innenpolitischer Ärgernisse gern als Klima-Engel aus Kopenhagen zurückkehren würde, ist nachvollziehbar, aber wenig realistisch. Auch Frau Merkel geht es nur vordergründig ums Klima, in Wirklichkeit vor allem um irgendeine frohe Botschaft an sich.

Quelle: Berliner Morgenpost

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