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Börsen-Zeitung: Wunschzettel für 2018, ein Marktkommentar

Archivmeldung vom 16.12.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.12.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Nach einem ausgezeichneten Jahr an den meisten Aktienmärkten sind die Auguren zuversichtlich, dass auch 2018 ein guter Jahrgang werden könnte. Als einschränkender Zusatz wird nur regelmäßig der Hinweis genannt, dies könne dann unter stärker ausgeprägten Marktschwankungen geschehen als 2017. Denn anders als in den Jahren zuvor dürften die liquiditätsspendenden Maßnahmen der fünf großen Notenbanken weltweit zurückgehen.

Die Privatbank Pictet erwartet einen Rückgang der aggregierten Nettoliquiditätsinjektionen von 2,5 Bill. Dollar im laufenden auf noch 0,5 Bill. Dollar im nächsten Jahr, bevor es 2019 dann zu einem aggregierten Liquiditätsentzug in Höhe von 80 Mrd. Dollar kommen dürfte. Da dies dem Markt wohl bekannt ist, sollten daraus kaum größere Überraschungen mit Kursfolgen resultieren. Etwas anders sähe dies aus, wenn die Zinserwartungen plötzlich hochschnellen würden. Danach sieht es momentan aber nicht aus. Laut der Bank of America Merrill Lynch geht der Markt von einer Zinserhöhung um 81 Basispunkte durch die US-Notenbank bis Dezember 2020 aus und von einem Anstieg von 46 Basispunkten für die EZB und von 4 Basispunkten für die Bank of Japan. Das ist sehr überschaubar.

Ein Szenario, das im kommenden Jahr den Markt überraschen könnte, wäre deshalb, wenn die Inflation stärker als erwartet anzieht. Dies könnte zu Turbulenzen auf den Anleihemärkten und damit auch auf den Aktienmärkten führen. Dann wären die Zinserwartungen zu zurückhaltend gewesen.

Derzeit ist schwierig zu beurteilen, ob der Markt mit seiner fast antiinflatorischen Haltung Recht hat, die zu einer Rendite zehnjähriger Bundesanleihen von unter 0,30 Prozent führte. Die Bundesbank hatte erst am Freitag erklärt, ihre Wachstumsprognose für 2018 für die deutsche Wirtschaft zwar von 1,7 Prozent auf kalenderbereinigt 2,5 Prozent hochzusetzen. Zugleich geht sie aber von einer gegenüber dem laufenden Jahr wenig veränderten Kerninflationsrate von 1,7 Prozent aus. Erst 2020 soll sie auf 1,9 Prozent anziehen. Dies, obwohl die Bundesbank angesichts erwarteter Engpässe am Arbeitsmarkt steigende Löhne erwartet. Die kaum noch weiter steigenden Energiepreise dürften einen zunehmenden Preisdruck bei anderen Waren und Dienstleistungen verdecken, heißt es.

Unter den Marktakteuren ist das Thema Inflation derzeit also nicht vordringlich, zumindest wenn man sich auf Umfragen stützt. Laut einer Erhebung des US-Abwicklers DTCC halten 78 Prozent der Befragten Cyberrisiken für das größte Risiko im Markt, vor geopolitischen Risiken, die von 69 Prozent genannt werden. 45 Prozent sehen in neuen regulatorischen Vorschriften und 38 Prozent im Brexit Risiken, 25 Prozent halten die US-Geldpolitik für eine mögliche Risikoquelle. Ein gleich hoher Anteil hält auch ganz allgemein eine plötzliche Verwerfung im Finanzmarkt für möglich.

Daraus lässt sich eine Erkenntnis ziehen. Der Wunschzettel der Investoren umfasst für 2018 wohl kaum ein moderates Inflationsumfeld, denn dies wird ohnehin erwartet. Mehr Gewicht liegt auf politischen Risiken. Diese waren schon für 2017 als zentral identifiziert worden. In Realität hat dann aber der Ausgang der französischen Wahlen den Euro und die europäischen Aktienmärkte beflügelt.

Mit stoischem Gleichmut nahm der Markt dafür bisher die schwierige Regierungsbildung in Deutschland hin, auch wenn die Tatsache, dass eine stabile deutsche Regierung bisher fehlt, zu den Überraschungen von 2017 zählte. Ebenso überraschend ist auch, wie trotz der Kapriolen der US-Regierung unter Donald Trump die Volatilität am US-Markt auf ein Rekordtief gesunken ist.

2018 muss dies nicht so bleiben. Eine Eskalation zwischen den USA und Nordkorea gilt als Extremszenario geringster Eintrittswahrscheinlichkeit, doch politische Ereignisse haben die Eigenschaft, schlecht einschätzbar zu sein. Risiken bergen auch die für März 2018 wahrscheinlichen Wahlen in Italien. Sollten sich euroferne Parteien durchsetzen, könnte dies zu neuen Spannungen in der Währungsunion führen, die derzeit vom breiten wirtschaftlichen Aufschwung übertüncht werden.

Auf dem Wunschzettel der Aktionäre, ob sie nun, wie Carl Fürstenberg gesagt haben soll, dumm und frech sind oder ob sie einfach risikobewusst handeln, wird das Trump- und Italien-Risiko weit oben stehen - es möge sich bitte nicht materialisieren. Fast sicher wird jedoch jenes Risiko, dass 2018 schlagend wird, heute noch nicht auf der Liste zu finden sein.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Dietegen Müller

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