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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Berlusconi

Archivmeldung vom 16.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Italiener geben Silvio Berlusconi die Chance zu einer dritten Amtszeit als Ministerpräsident. Einem Mann, der in der Vergangenheit ungeniert private und öffentliche Interessen vermischt hat, rechtskräftig verurteilt ist und sich noch immer mit Anklagen wegen Steuerhinterziehung und Bestechung herumschlagen muss.

Schwer vorstellbar, dass ein solcher Politiker in Deutschland Bundeskanzler werden könnte. Die Berlusconi-Anhänger sehen das offenbar anders. Berlusconi hat es zum Milliardär gebracht. Dass er dabei Gesetze gebrochen und Regeln verletzt hat, scheint für sie kein Problem zu sein. Nach dem Motto, ein bisschen Steuerhinterziehung muss schon sein, wenn man es im Leben zu etwas bringen will, verzeihen sie ihm seine Fehltritte. Berlusconi vermittelt vielen Italienern mit Erfolg das Gefühl, nicht der Bürger, der Regeln verletzt, ist das Problem, sondern der Staat, der die einengenden Regeln setzt. Anders ist der überraschend klare Sieg von Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition kaum zu erklären. Walter Veltroni, der neue Chef des Mitte-Links-Bündnisses, wurde von den Wählern abgestraft für das Scheitern seines Vorgängers Romano Prodi, dessen bunte Neun-Parteien-Koalition bereits nach knapp zwei Jahren handlungsunfähig aufgeben musste. Es nutzte Veltroni nichts, dass er die Kleinstparteien vom linken Rand, die Prodi die Mehrheit kosteten, erst gar nicht mehr in sein Bündnis aufnahm. Der Name Prodi steht in den Augen der Italiener für die Vermehrung der Probleme Italiens, nicht für ihre Lösung. Von dieser Hypothek konnte sich Veltroni nicht befreien. Positiv zu bewerten ist, dass nach diesem Wahlgang das politische System Italiens stabiler geworden ist. Es stehen sich jetzt zwei berechenbare Blöcke gegenüber, nachdem mehrere kleine Parteien den Sprung ins Parlament nicht mehr geschafft haben. So hätte die 62. italienische Nachkriegsregierung unter Silvio Berlusconi die Chance, die Probleme des Landes während seiner fünfjährigen Amtszeit anzugehen. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass seinen Versprechungen kaum Taten folgten. Das Müllproblem Neapels, das Berlusconi jetzt schnellstens lösen will, ist eigentlich nur ein Nebenkriegsschauplatz. Weitaus schwerwiegender ist die Tatsache, dass Italien mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von lediglich 0,3 Prozent in Europa weit hinten liegt und die Produktivität der Industrie auf der Rangliste der 30 größten Industrienationen mittlerweile auf den letzten Platz abgerutscht ist. Berlusconi hat bereits angekündigt, dass er die Wirtschaft liberalisieren will im Stil der früheren britischen Premierministerin Margret Thatcher. Ob er den Einfluss der Gewerkschaften dabei in dem Maße zurückdrängen kann, wie es Thatcher gelungen ist, ist mehr als fraglich. Nirgendwo in Europa werden solche Auseinandersetzungen ideologiebehafteter ausgetragen als in dem beliebten Urlaubsland der Deutschen.

Quelle: Westfalen-Blatt

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