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Börsen-Zeitung: Windstärke 9

Archivmeldung vom 16.10.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.10.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Neun Monate mit Auftragsrückgängen in Folge haben Deutschlands stolze Investitionsgüterindustrie schwer verunsichert. Das ist spürbar auf dem Maschinenbaugipfel in Berlin, wo sich die Branche derzeit zur Nabelschau trifft. "Die Windstärke in der Industrie liegt schon zwischen 8 und 9", antwortete Maschinenbau-Verbandspräsident Carl Martin Welcker vor 700 Maschinenbaumanagern auf die bange Frage, wie schlimm es denn schon sei.

Windstärke 8 bis 9: Das ist laut Beaufort-Skala weit mehr als eine steife Brise, das ist ein richtiger Sturm. Bleibt man im Bild und stellt sich den Maschinenbau als Baum vor - sagen wir mal als kräftige deutsche Eiche -, dann werden Zweige brechen. Sieht man ihn als solide gebautes Haus, dann fliegen die Ziegel vom Dach. Und sieht man ihn als Schiff auf hoher See, dann türmen sich Wellenberge auf, und Gischt beeinträchtigt die Sicht.

Nun ist Welcker ein Manager, der gerne mal einen flotten Spruch macht und der auch das Stilmittel der Hyperbel gezielt einsetzt, wenn es sachdienlich ist. Der oberste Maschinenbauer sprach in der Bundeshauptstadt ja auch nicht nur vor seinesgleichen, den Maschinenbauern nämlich, sondern vor der Bundeskanzlerin persönlich - und da er zugleich von der Politik in schwerer See Beistand erbat, liegt der Verdacht nahe: Der Maschinenbau-Cheflobbyist verfolgte mit seinen durchaus alarmierenden Worten wohl auch das berechtigte Interesse, die Lage keinesfalls weniger dramatisch darzustellen, als sie ist.

Insofern sind seine Worte cum grano salis zu nehmen, zumal das Bild von den Fakten kaum gedeckt ist: Zwar war der Auftragseingang neun Monate in Folge rückläufig, doch immer noch sind die Orderbücher aus dem vorangegangenen Boom gut gefüllt. So wird dieses und nächstes Jahr mit einem realen Produktionsminus im Maschinen- und Anlagenbau von je 2 Prozent gerechnet. Welcker bekräftigte diese Prognose ausdrücklich. Zu erwarten ist also eine leichte Abkühlung auf hohem Niveau und nicht ein Einbruch von 25 Prozent, wie ihn die Finanzkrise im Jahr 2009 brachte.

Doch die schweren Jahre vor einer Dekade hat der Maschinenbau nicht vergessen, und die Angst ist noch lebendig, es könnte bald ähnlich steil abwärtsgehen wie damals. Noch hofft die Branche, dass der Sturm mit Windstärke 9 schnell vorüberzieht und sich nicht zum Orkan auswächst, der den Baum entwurzelt, das Haus verwüstet und das Schiff zum Kentern bringt. Die gute Nachricht ist: Die letzten Windmessungen deuten nicht darauf hin.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Daniel Schauber

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