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Börsen-Zeitung: EZB erzwingt Fortschritt

Archivmeldung vom 27.11.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 27.11.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Europas Banken neigen zur Kleinstaaterei, in der Regel endet das Revier an der Landesgrenze. Nirgendwo werden die Kollateralschäden dieses ambitionslosen Vor-sich-hin-Wirtschaftens so deutlich wie im Zahlungsverkehr, dem es an grenzüberschreitenden Komponenten mangelt - und das 20 Jahre nach Einführung der Gemeinschaftswährung, deren Bestand Mario Draghi unter Inkaufnahme erheblicher Folgeschäden für die künftige Finanzstabilität so tapfer verteidigt hat.

Und da die freundlichen Appelle der Notenbank bislang verhallen und sich zudem das Volumen des elektronischen Zahlungsverkehrs auf ausländische Big Techs verlagert, schlägt EZB-Direktor Benoît Coeuré nun einen schärferen Ton an: Die EU-Kommission könnte ein Gesetz einbringen, das Service Provider zum Einsatz von Instant Payment (IP) verpflichtet, wenn die kritische Masse nicht bis Ende 2020 erreicht ist. Das Problem: Zwar hat die EZB bereits die Backend-Infrastruktur für Zahlungen in Echtzeit geschaffen. Es gibt aber noch nicht ausreichend Anbindung ans Frontend, die Händler also. Das ist Aufgabe der Privatwirtschaft, die von Coeuré nun, salopp gesagt, einen Tritt in den Hintern erhalten hat.

Die Banken wiederum zaudern bei der Instant-Payment-Adoption, da diese andere Sepa-Dienste kannibalisiert, in die bereits Investitionen geflossen sind. Aber diese Kröte müssen die Banken schlucken, wenn sie im Zahlungsverkehr noch eine Rolle spielen wollen. Die Chance ist riesig, bietet die EZB mit dem Sepa-Backend doch - zum Selbstkostenpreis - die Grundlage, um Mastercard und Visa zu verdrängen, über deren Systeme zwei Drittel aller kartenbasierten Zahlungen laufen. Dieses Scheunentor steht offen, weil es in diesem Europa zehn nationale Systeme gibt, die keine Karten aus anderen Ländern akzeptieren.

Tja, und dann sind da noch Mobile-Payment-Dienste wie Google Pay und Apple Pay, die in sich grenzüberschreitend angelegt sind und zudem vertikale Märkte attackieren, also spezielle Dienste wie Ticketkauf in der Bahn anbieten. Aber mit wachsender Marktmacht von Big Tech im Zahlungsverkehr werde der Währungsraum anfälliger für Störungen von außen, warnt Coeuré. Die Botschaft: Die Kontrolle über den Zahlungsverkehr ist eine Frage der nationalen und paneuropäischen Souveränität.

Immerhin haben sich auf Anregung auch der Bundesbank 20 Institute zusammengerauft und schaffen gemeinsame Strukturen, um Visa und Mastercard Paroli zu bieten. Die Notenbanken erwecken den Eindruck, als seien sie bereit, den Fortschritt notfalls zu erzwingen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Björn Godenrath

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