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Keine verfrühte Pause

Archivmeldung vom 04.11.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.11.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Von Ex-US-Notenbankchef Alan Greenspan stammt das schöne Bonmot: "Ich weiß, dass Sie glauben, Sie wüssten, was ich Ihrer Ansicht nach gesagt habe. Aber ich bin nicht sicher, ob Ihnen klar ist, dass das, was Sie gehört haben, nicht das ist, was ich meinte." Ein wenig fühlt man sich daran erinnert nach der jüngsten Pressekonferenz des amtierenden Fed-Chefs Jerome Powell und dessen differenzierten wie mitunter divergierenden Aussagen zum weiteren Zinskurs. Unter dem Strich aber bleibt die Botschaft hängen: Die Fed sieht ihre Arbeit im Kampf gegen die Inflation noch nicht als erledigt an und dürfte folglich weiter die Zinsen anheben - und das ist auch gut so.

Powell und die Seinen haben zwar angedeutet, dass sie das Tempo bei weiteren Zinsanhebungen drosseln könnten - nachdem sie den Leitzins nun zum vierten Mal in Folge um 75 Basispunkte und seit März um in dieser Zeit beispiellose 375 Punkte erhöht haben. Zugleich haben sie aber klargemacht, dass der Leitzins auf ein "ausreichend restriktives" Niveau angehoben werden soll, um die Inflation von zuletzt 8,2 % auf das 2-Prozent-Ziel zu drücken. Mehr noch: Powell hat zudem erklärt, dass der Endpunkt im Zinserhöhungszyklus höher liegen könnte als die zuletzt von der Fed erwarteten 4,6 % im nächsten Jahr. Das von vielen Investoren heiß ersehnte Signal für eine Kehrtwende - "pivot" - zu einer weniger aggressiven Fed-Haltung ist das gewiss nicht. Die zwischenzeitliche Party an den Märkten währte am Mittwochabend denn auch nur kurz.

Die Fed liegt damit aber richtig. Natürlich macht es Sinn, nach einer so raschen Zinsstraffung nun weniger aggressiv vorzugehen. Es gilt nicht zuletzt, die stark zeitverzögerte Wirkung dieser Politik einzuschätzen. Und tatsächlich nimmt auch in den USA der wirtschaftliche Stress zu, nicht zuletzt am Immobilienmarkt. Fakt ist aber auch, dass der Arbeitsmarkt weiter sehr stark ist und es bislang kaum Signale für einen raschen, deutlichen Rückgang der US-Inflation gibt - auch wenn der Höhepunkt überschritten zu sein scheint. Deswegen wäre es jetzt verfrüht, eine Zinspause einzulegen. Das wäre ein fatales Signal in Sachen Inflationserwartungen.

Noch mehr gilt das für Forderungen nach baldigen Zinssenkungen. Wenn die US-Wirtschaft im nächsten Jahr komplett abstürzen sollte und dadurch starke disinflationäre Kräfte entstehen sollten, werden die Karten womöglich neu gemischt und dann könnte die Fed ihren Zins wieder senken müssen. Bislang spricht aber vieles allenfalls für eine milde Rezession, und aktuell muss der Kampf gegen die hohe Inflation Top-Priorität haben - gerade um der langfristigen Wirtschaftsentwicklung willen. Das Risiko, jetzt zu straff zu sein, erscheint aktuell geringer als die Gefahr, zu wenig zu tun. Das gilt im Übrigen nicht nur für die Fed, sondern auch für die Europäische Zen­tralbank (EZB). Auch die EZB darf jetzt nicht einknicken.

Dass es nun in den USA und mutmaßlich auch andernorts zu einer Rezession kommt, um die Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen, hat auch sehr viel mit der kolossalen Fehleinschätzung der Zentralbanken in Sachen Inflationsentwicklung zu tun - die sich auch nicht allein mit dem Ukraine-Krieg entschuldigen lässt. Das wird in der Zukunft aufzuarbeiten sein - und für Fed, EZB & Co. könnte das noch richtig ungemütlich werden.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Mark Schroers

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