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Börsen-Zeitung: Destruktive Unklarheit

Archivmeldung vom 09.04.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.04.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das war ein schwarzer Tag für den Euro. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, hat angekündigt, dass die gelockerten Sicherheitsanforderungen für Wertpapiere, die bei der Zentralbank für Kredite hinterlegt werden, auch im kommenden Jahr gelten werden. Eine Erklärung, die im Einklang mit einer stabilitätsorientierten Geldpolitik stehen würde, blieb er schuldig.

Klar ist nun, dass hellenische Staatsanleihen notenbankfähig bleiben. Dabei hatte Trichet noch vor wenigen Wochen ausgeschlossen, dass der Sicherheitenrahmen zum Wohle eines einzelnen Landes geändert würde. Auch wenn sie natürlich für alle Länder der Eurozone gelten, profitiert allein Griechenland von den Plänen der EZB. Staatsanleihen aus Portugal etwa, dem es auch nicht gerade gut geht, haben keinerlei Nutzen hiervon.

Natürlich kann auch der EZB nicht daran gelegen sein, dass Athen pleitegeht. Ihre Aufgabe ist aber nicht, mit Gefälligkeiten bei den geldpolitischen Operationen das angeschlagene Land herauszuboxen. Das Schuldenproblem eines Landes muss über fiskalische Maßnahmen angegangen werden. Ob dabei Hilfe von außen zulässig ist, kann man als Glaubensfrage lange diskutieren. Glasklar ist aber, dass die Einbindung einer Zentralbank zum Bereinigen von ursächlich budgetären Problemen im diametralen Gegensatz zu einer Stabilitätskultur steht, der sich der Euro einmal verpflichtet sah.

Und um eine Gefälligkeit handelt es sich bei dieser "Lex Griechenland". Anders als bei Hilfen des Internationalen Währungsfonds oder (vermutlich) Krediten anderer Euro-Länder, ist das Entgegenkommen der EZB nicht an irgendwelche Bedingungen geknüpft.

Was die Kehrtwende Trichets bewirkt hat, ist dabei völlig unklar. Ob der Druck der Politik so stark geworden ist, dass er eingeknickt ist, oder ob es falsch verstandenes Verantwortungsgefühl ist, bleibt sein Geheimnis. Die Motivation zu verheimlichen, ist jedenfalls der falsche Weg. Langfristig wird dieser Schlingerkurs das Vertrauen in das Projekt Gemeinschaftswährung schwächen. Die "konstruktive Unklarheit", mit der anfänglich versucht wurde, den Druck auf Griechenland aufrechtzuerhalten, indem man keine Details zu Rettungsplänen offenlegen wollte, wird mit zunehmender Dauer zur destruktiven Unklarheit.

Quelle: Börsen-Zeitung

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