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Das WESTFALEN-BLATT zur Insolvenz von Quelle

Archivmeldung vom 21.10.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.10.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Wo sind die Familien, die bei Anbruch der dunklen Jahreszeit mit glänzenden Augen einen Katalog bunter Bilder betrachten? Und wo die Jungen und Mädchen, die mit der Schere die Objekte ihrer kindlichen Wünsche ausschneiden und vor Weihnachten auf einen Zettel kleben?

Vielleicht sind sie gerade »shoppen«, schlendern an vollen Schaufenstern vorbei. Oder sie surfen durch das Internet. Jede Einkaufsform hat ihre Zeit. Kaufhaus und Versandhandel haben ihre guten Jahrzehnte hinter sich. Das Pech der inzwischen insolventen Arcandor AG war, dass sie mit Karstadt und Quelle gleich zwei rückläufige Einzelhandelsformen unter ihrem Dach vereinte. Ebay und Amazon trugen zum Tod beider Konzernteile bei. Quelle ist so eng mit der Nachkriegsgeschichte und dem deutschen Wirtschaftswunder verbunden wie sonst vielleicht nur der VW-Käfer, Jacobs Krönung und der Lesering von Bertelsmann. Damals erschien es fast unvorstellbar, dass ein solches Unternehmen irgendwann verschwinden würde. Doch genau das ist für die 10 500 Beschäftigten des Fürther Konzerns nun Wirklichkeit geworden. Sie stehen vor dem Nichts. Nur wenige haben eine Ausbildung, mit der sie etwas anfangen können. Es gibt weit und breit in Franken keinen anderen Versandhändler, der sie auffangen könnte. Und trotzdem war es richtig, dass die Bundesregierung aus Quelle keinen zweiten Fall Opel gemacht und das Sterben nicht mit Hunderten Millionen Euro verlängert hat. Nostalgie füllt nämlich keine Bestellzettel. Etwas Anderes ist es, einen Teil der Summe jetzt zur Qualifikation der ehemaligen Beschäftigten zu verwenden. Das Aus für Karstadt und Quelle beweist außerdem ein Mal mehr: Fusionen sind keine Allheilmittel. Kaufhaus und Versand werkelten nebeneinander her. So waren Synergien nicht zu heben. Beschleunigt wurde der Niedergang von Quelle durch Fehlentscheidungen des Managements. Hunderte Millionen Euro, mit denen der Versandhandel hätte modernisiert werden können, wurden stattdessen in den Aufbau der Noris-Bank und einer Versicherung gesteckt. Beide konnten nie die Rendite-Erwartungen erfüllen - geschweige denn die Löcher in der Konzernkasse stopfen. Am Ende hätten die Geld gebenden Banken die Insolvenz vielleicht noch ein Mal verhindern können. Doch sie verweigerten sogar die Verlängerung des so genannten Factorings, ohne das kein Versandhandel funktionieren kann. Unter den Umständen wäre es fast einem Wunder gleichgekommen, wenn ein Investor trotz alledem das Traditionsunternehmen noch in letzter Minute aufgefangen hätte. Trotz Shopping-Erlebniskäufen und Internet: Ganz wird der Versandkatalog mit Quelle nicht verschwinden. Otto findet ihn weiter gut. Und anders als der große Jahres- haben die kleineren Spezialkataloge durchaus noch ihr Publikum. Wie lange? Darüber entscheidet der Verbraucher.

Quelle: Westfalen-Blatt

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