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Berliner Morgenpost: Geld allein macht kein Kind glücklich

Archivmeldung vom 21.10.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.10.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Kein Zweifel: Es ist richtig, dass die obersten Gerichte des Landes sich mit der Frage beschäftigen, wie viel Geld Kinder aus mittellosen Familien tatsächlich für ein würdiges Leben brauchen. Die Debatte über ein paar Euro mehr birgt allerdings auch eine tückische Gefahr: Kaum sind Hartz-IV-Sätze und Kindergeld erhöht, herrscht der Glaube, dass etwas Gutes getan sei.

War ja teuer genug. Aber Geld ist bei Weitem nicht alles, was Kinder in Deutschland brauchen. Im Gegenteil: Die rein ökonomische Sichtweise ignoriert wesentliche Mängel, die mit noch so vielen Euro allein nicht zu reparieren sind. Da stellt sich etwa die Frage, ob zusätzliches Geld tatsächlich bei denen ankommt, für die es gedacht ist. Lesen Kinder mehr, kommen sie besser ausgerüstet in die Schule, werden sie gesünder ernährt, bewegen sie sich, erfahren sie größere Zuwendung, wenn der gestresste Dispo der Eltern leicht aufatmet? Löst mehr Geld tatsächlich die grundlegenden Probleme von Familien aus bildungsfernen Schichten? Was sollen, zweitens, Geringverdiener mit vier, fünf Kindern sagen, die sich mit eigener Kraft durch ein karges Leben schlagen und tapfer ringen, dass es ihren Kindern mal besser geht? Man muss nicht gleich den Sarrazin machen, um festzustellen, dass Geld zwar eine, aber nicht die einzige Voraussetzung bildet, um Kinder seelisch, körperlich und geistig fit zu machen für eine komplexe Zukunft. Mehr noch als neue Klamotten braucht der Nachwuchs Zeit und Geduld, Aufmerksamkeit und gute Gefühle. Dann nehmen sie auch an Internet und Computerspielen keinen Schaden. Paradoxerweise aber scheinen Kinder gerade in jenen Milieus zu verwahrlosen, die, theoretisch jedenfalls, genügend Zeit für Erziehung aufbringen müssten. Das weithin grassierende Brutproblem ist eben nicht nur ökonomisch begründet. Wer die Grundlagen halbwegs ordentlicher Erziehung schon von seinen Vorfahren nicht vermittelt bekam und nur dem Fernseher vertraut, der muss den anspruchsvollen Job des Elternseins erst einmal lernen. Sonst gehen 50 zusätzliche Euro für einen weiteren Systemschein beim Lotto drauf oder eine Extraportion Goldkrone. Es wäre zumindest einen Versuch wert, soziale Leistungen an soziale Pflichten zu knüpfen. Eltern, die es nicht schaffen, ihr Kind jeden Morgen pünktlich, satt und halbwegs vorbereitet in die Schule zu schicken, brauchen statt Geld zunächst mal Nachhilfe in Haushaltsführung, Hausaufgabenkontrolle und grundsätzlichen Fragen der Pädagogik. Nicht nur Kinder, sondern auch ihre weithin ahnungslosen Eltern gehören in die Schule. Ein paar Milliarden zusätzlich, das ist die billigste Art von Politik und Gesellschaft, sich aus der Verantwortung zu stehlen, was eine Gesellschaft auf Dauer jedoch um so teurer zu stehen kommt. Erst wer mit Geld kindgerecht umzugehen weiß, kann höhere Sozialleistungen auch sinnvoll einsetzen.

Quelle: Berliner Morgenpost

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