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Börsen-Zeitung: Ein wenig besorgniserregend

Archivmeldung vom 17.10.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.10.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Es gibt eine gute Nachricht für alle Unternehmen mit einer Bonitätseinstufung im Sub-Investment-Grade-Bereich, d.h. einer Kreditwürdigkeitsnote von "BB+" (Agenturen Standard&Poor's und Fitch) bzw. "Ba1" (Moody's) bis "CCC-" bzw. "Caa3". Es ist vollkommen gleichgültig, ob die Banken an diese Firmen nun Kredit vergeben oder nicht, denn das Fremdkapital kann nun mit Leichtigkeit über andere Kanäle besorgt werden, und zwar über den Bondmarkt für hochverzinsliche Wertpapiere.

Seit der abgelaufenen Handelswoche ist das Emissionssegment dieser sogenannten High-Yielder wieder offen,und so, wie es derzeit aussieht, wohl auch in seiner gesamten Breite, von Firmen, die in den nächsten fünf Minuten ausfallen werden, vielleicht einmal abgesehen. Den Türöffner spielte Heidelberg Cement, die einen gigantischen Bondauftritt hinlegte, und zwar in jeder Hinsicht. Der Baustoffkonzern kam mit drei Anleihetranchen von fünf, sieben und zehn Jahren Laufzeit. Das zehnjährige Papier gab es auch nur auf Wunsch der Investoren, der Emittent wollte eigentlich nur zwei Anleihen bringen und darüber mehr als 1 Mrd. Euro bei den Investoren lockermachen.

Was sich dann allerdings am Dienstag bei der Orderbücheröffnung abspielte, dürfte so mancher Finanzvorstand angesichts der Erfahrung von in der Krise vollkommen ausgetrockneten Primärmärkten für Corporate Bonds schon als paradiesisch bezeichnen. Die Investoren standen Schlange, um ihr Geld bei den Heidelbergern abzuliefern. Zeichnungswünsche von mehr als 700 Investoren sorgten letzten Endes für ein Orderbuch von mehr als 10 Mrd. Euro. Heidelberg Cement konnte wahrlich aus dem Vollen schöpfen und tat das auch. Wen wundert's? 2,5 Mrd. Euro wurde der Deal mit den drei Tranchen schwer. Rekord am Euro-High-Yield-Markt. Ohne Frage: Die Investoren hatten sich auf eine hohe Überzeichnung eingestellt und wussten sicherlich auch, dass sie in der Allokation zurechtgestutzt würden. So manche Order dürfte also inflationiert gewesen sein.

Strahlende Gesichter dürfte es in Heidelberg auch beim Blick auf die Konditionen - kein Vergleich zum "Vorkrisenniveau" - gegeben haben. Die Investoren bekamen für die Fünfjährige einen Kupon von 7,5% (endfällige Rendite: 7,875%), für die Siebenjährige 8% (8,5%) und für die Zehnjährige einen Kupon von 8,5% (9%).

Rückblende: Im März dieses Jahres wollte sich der mexikanische Zementhersteller Cemex 500 Mill. Dollar besorgen. Dabei war ein Kupon von 20% am Markt im Gespräch. Der Auftritt musste mangels Investorennachfrage abgesagt werden. Heute begnügen sich die Investoren aber bei einem im Einfach-B-Bereich benoteten Emittenten mit Kupons, die vor wenigen Monaten von Investment-Grade-Firmen gezahlt werden mussten, um Fremdkapital zu bekommen. Peugeot (Rating: "BBB-") musste Anfang Juli für fünf Jahre noch einen Kupon von 8,375% bieten. Bei ThyssenKrupp waren es Anfang Juni für ebenfalls fünf Jahre Laufzeit noch 8% Kuponverzinsung. Bei ArcelorMittal mit einem Rating von "BBB+", also fünf bis sieben Bonitätsstufen besser bewertet als die Heidelberger, waren es Ende Mai für vier und sieben Jahre Laufzeit 8,25% und 9,375%. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Doch damit nicht genug: Der Höhepunkt in Sachen Investorennachfrage nach den Bonds aus Heidelberg konnte im Sekundärmarkt beobachtet werden. Die Bonds waren gerade einmal zwei Stunden im Handel, da waren die Spreads, d.h. die Risikoaufschläge über der risikolosen Verzinsung, - gemessen an den Bundesanleihen - schon extrem zusammengeschnurrt: am langen Ende schon um mehr als 70 Basispunkte. Aus Emittentensicht ist es zweifelsohne erfreulich, dass der Markt wieder offen ist. Wäre der Deal von Heidelberg Cement schiefgegangen und hätte der Baustoffhersteller die Transaktion mangels Nachfrage womöglich absagen müssen, wäre das einer Katastrophe gleichgekommen. Banken, die die Kreditvergabe einschränken, und weiterhin geschlossene Primärmärkte wären für die Unternehmen, die dringend Refinanzierungsmittel benötigen, so ziemlich das Letzte gewesen, was sie brauchen. Aber wie meinte doch gleich ein Marktteilnehmer, der den Konditionen aus Emittentensicht Respekt zollte? "Es ist auch ein wenig besorgniserregend, wie schnell sich dieser Markt entwickelt." Wirklich nur ein "wenig" besorgniserregend?

Quelle: Börsen-Zeitung

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