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Mittelbayerische Zeitung: Reicher Staat, arme Bürger?

Archivmeldung vom 10.11.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.11.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Mitunter prallen zwei Nachrichten an einem Tag aufeinander, die sich scheinbar krass zu widersprechen scheinen. Während die obersten Steuerschätzer dem Staat weiterhin sprudelnde Einnahmen vorhersagen, steigt die Zahl der Menschen weiterhin an, die privat tief in den roten Zahlen stecken. Es gibt die groteske Situation, dass es Deutschland - von den nackten Zahlen her - insgesamt gut, zugleich aber vielen Millionen Menschen schlecht geht. Für die rosigen Aussichten für den Fiskus ist die nach wie vor brummende Wirtschaft verantwortlich.

Deutschland feiert bei der Beschäftigung und der Wertschöpfung einen Rekord nach dem anderen. Die bitteren Zeiten, als in der Finanzkrise vor knapp zehn Jahren eine tiefe Wachstumsdelle von minus fünf Prozent zu verkraften war, sind beinahe vergessen. Dass die Wirtschaft derzeit so gut läuft, hat indes viele Ursachen. Wohl die Wichtigste ist, dass in den Unternehmen nicht nur gut und viel gearbeitet wird, sondern auch, dass man klug investiert und neue Entwicklungen vorangetrieben werden. Für ein Exportland wie Deutschland ist ein gutes Innovationsklima, ja der Zwang zum ständigen Besserwerden, eine Grundbedingung. Hinzu kommt, dass sich die deutsche Wirtschaft auf viele kleinere und mittlere innovative Wachstumstreiber stützen kann, um die uns andere Volkswirtschaften beneiden. Es sind nicht nur die großen im Dax notierten Konzerne, die an der Spitze der Innovationen stehen. Aber die Großen braucht man natürlich auch. Eine kluge Politik, die Mittelstand, technischen Fortschritt und - heute entscheidend - die Digitalisierung voranbringt, ist ein Muss für jede Bundesregierung. Für die nur mühsam vorankommenden Jamaika-Partner erst recht. Alle vier Parteien haben die Digitalisierung ganz oben auf ihre Agenda gesetzt. Nur leider brennt kein so richtiges Feuer für die große Herausforderung. Mit spröden Überschriften wie Industrie 4.0 oder Arbeitsmarkt 4.0 kann kaum ein Normalsterblicher etwas anfangen. Solche politisch-technokratischen Chiffren schrecken eher ab, beseitigen keine Zweifel und Ängste, die ebenfalls mit der Digitalisierung verbunden sind. Auch greift es viel zu kurz, wenn in Jamaika-Runden darüber gestritten wird, ob es ein Digital-Ministerium geben solle oder nicht. Es geht um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit vielen Facetten. Und leider hinkt Deutschland, trotz eines ehemaligen CSU-Ministers für die digitale Infrastruktur, noch weit hinter anderen Ländern her. Der Breitbandausbau kommt, trotz einiger Fortschritte, nur schleppend voran. Und über die vielen Funklöcher für Mobilfunkverbindungen quer durch Deutschland ärgert man sich immer noch. Die sprudelnden Steuereinnahmen wecken überall Begehrlichkeiten. Unternehmen und Bürger verlangen Steuerentlastungen, die - etwa die Absenkung der kalten Progression oder des Soli - lange versprochen, aber bis heute nicht eingelöst wurden. Hier könnte Jamaika endlich liefern. Auf der anderen Seite ist der Investitionsbedarf der öffentlichen Hand in Straßen, Schienen, Brücken, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Kommunikation gewaltig. Zugleich darf niemand vergessen, dass der angeblich so reiche Staat auf einem Schuldenberg von fast zwei Billionen Euro sitzt. Die jetzt avisierten Mehreinnahmen des Bundes sollten nicht mit der Gießkanne verteilt, sondern vielmehr klug da eingesetzt werden, wo es am notwendigsten ist. Für seine privaten Schulden trägt erst einmal jeder selbst Verantwortung. Doch wer trotz eigener Arbeit, etwa in einem Billigjob, mit seiner Familie nicht über die Runden kommt, braucht auch Hilfe zur Selbsthilfe.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)

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