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Börsen-Zeitung: Deckel auf dem Ölpreis

Archivmeldung vom 06.07.2019

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.07.2019 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Die jüngste Entscheidung der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) und befreundeter Staaten unter Führung Russlands, die seit Anfang diesen Jahres gültigen Produktionskürzungen für weitere neun Monate beizubehalten, hat am Ölmarkt eine wohl nicht erwartete Reaktion ausgelöst: Der Preis der weltweit wichtigsten Sorte Brent Crude gab einen Tag nach dem Beschluss um 4% nach. Erholt hat sich der Ölpreis seither kaum.

Die Marktreaktion überrascht eigentlich, wenn man bedenkt, dass die Beschlüsse ausreichen sollten, um ein Überangebot an dem Energieträger in der zweiten Jahreshälfte zu verhindern. Einen Grund für den genannten Preisrutsch auszumachen, falle schwer, betont Rohstoff-Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank. Die Nachrichtenlage spreche eher für steigende Notierungen am Ölmarkt.

Diese Betrachtungsweise ist sicherlich richtig und angemessen, wenn man sich die fundamentalen Marktgegebenheiten ansieht, auf denen die Preisentwicklung letztlich beruht, und wenn man andere Aspekte wie die politischen Einflussfaktoren ausklammert, die auf den Ölpreis drücken.

So ist eine Verhinderung von Überproduktion tatsächlich weniger die Folge der offiziellen Opec-Beschlüsse. Diese besagen, dass die Opec und ihre Verbündeten unter Führung Russlands ("Opec plus") nach wie vor 1,2 Mill. Barrel pro Tag (bpd) weniger produzieren als in der Referenzperiode vom Oktober 2018. Von Januar bis Mai dieses Jahres hat die tatsächliche Fördermenge aber um 1,33 Mill. bpd unter dem Referenzwert gelegen. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Saudi-Arabien sein Kürzungsversprechen deutlich übererfüllt: Das Opec-Schwergewicht kommt auf einen Prozentsatz der Einhaltung der Quoten von 216%. Demgegenüber erfüllt das andere Schwergewicht innerhalb der erweiterten "Opec plus", nämlich Russland, sein Versprechen nur zu 64%. Andere Mitglieder der Staatengruppe hatten von vornherein nur deutlich geringere Kürzungen zugesagt.

Neben dem Einsatz Saudi-Arabiens ist die Vermeidung einer Überversorgung vor allem den harten US-Sanktionen gegen Venezuela und den Iran sowie dem Bürgerkrieg in Libyen geschuldet, die zu erheblichen, aber unfreiwilligen Einbrüchen der Ölproduktion dieser Länder geführt haben.

Insofern kann man nicht gerade von einer starken und einigen Opec sprechen, die den Ölmarkt kontrolliert. Im Gegenteil: In der Opec herrscht alles andere als Einigkeit. Hinter den Kulissen brechen derzeit diverse Konflikte auf. So beschuldigen beispielsweise der Iran und Venezuela Saudi-Arabien, der große Nutznießer der US-Sanktionen zu sein. Und letztlich haben auch Russland und Saudi-Arabien keine deckungsgleichen Interessen. Die Abhängigkeit des russischen Staatshaushalts von den Ölexporten hat sich inzwischen deutlich reduziert. Die russische Regierung ist sich bewusst, dass ein zu hoher Ölpreis die weitere Diversifizierung der heimischen Wirtschaft behindert. Auf der anderen Seite ist Saudi-Arabien dringend auf einen möglichst hohen Ölpreis angewiesen, um das Defizit im Staatshaushalt abzubauen und den Aufbau eines von Öl unabhängigen Wirtschaftssektors zu finanzieren.

Die Macht der Opec wird auch dadurch eng begrenzt, dass es auch noch die USA als den dritten großen Ölproduzenten gibt, der seine Ölproduktion kontinuierlich ausbaut und im April dieses Jahres mit 12,2 Mill. bpd auf eine Rekordförderung kam. Zwar hat der Ölpreisverfall im vierten Quartal 2018 auch zu einer deutlichen Abschwächung des Wachstums der amerikanischen Schieferölindustrie geführt. Dennoch geht die Expansion weiter, bei einem deutlichen Anstieg des Ölpreises würde sie sich auch wieder stark beschleunigen. Insofern deckelt nach wie vor der amerikanische Schieferölsektor den Ölpreis.

Ferner sollte nicht übersehen werden, dass mit Blick auf die aktuelle Entwicklung der Weltkonjunktur eher die Gefahr einer noch stärker als erwartet ausfallenden Abschwächung besteht als die Chance auf eine spürbare Erholung. Dies gilt umso mehr, als davon ausgegangen werden muss, dass der Waffenstillstand im amerikanisch-chinesischen Handelskrieg nur eine begrenzte Zeit halten kann. China ist dabei, die USA als führende Weltmacht abzulösen, was diese mit Mitteln der ökonomischen Kriegsführung zu verhindern sucht. Insofern gibt es viele Gründe, die gegen einen deutlichen Anstieg des Ölpreises sprechen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Dieter Kuckelkorn

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