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Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Präimplantationsdiagnostik

Archivmeldung vom 26.05.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.05.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Das erste im deutschen Reagenzglas gezeugte Baby wurde 1981 geboren. 30 Jahre später hat sich aus der künstlichen Befruchtung, der In-Vitro-Fertilisation (IVF), die logische Folgedebatte ergeben: Nicht nur Paare, die keine Kinder bekommen können, möchten die Zeugung ins Labor verlegen - auch Paare mit Behinderungen wollen die dort entstandenen Embryonen in der Präimplantationsdiagnostik (PID) auf Erbkrankheiten untersuchen, bevor sie sie einpflanzen lassen. Der Wunsch, ein gesundes Kind zu bekommen, ist verständlich.

Die Diskussion über genetische Auslese auch? Die Tatsache, dass wir über PID diskutieren, zeigt, dass bei jeder Grenze, die die Wissenschaft überschreitet, notwendigerweise die Debatte über die nächste Grenzüberschreitung am Horizont aufschimmert. Die Gesellschaft hat dabei kein moralisches Gedächtnis: Argumentiert wird immer ausgehend vom Status quo. Sind wir sicher, dass wir in 30 Jahren an der nächsten Grenze plötzlich bescheiden Halt machen? Das schlagkräftigste Argument der PID-Befürworter lautet, es sei sinnvoller, Embryonen mit einer möglichen Behinderung auszuschließen, als später einen Fötus abzutreiben. Dieser Spirale konsequenter Logik kann man sich schwer entziehen, wenn behinderte Kinder sowieso nicht leben sollen. »So was kann doch heute verhindert werden«, ist ein Satz, der mancher Mutter mit einem behinderten Kind schon an den Kopf geworfen wurde. So fürchten PID-Gegner, dass behindertes Leben damit erst recht als weniger lebenswert abgestempelt werden könnte. Nicht nur hinter PID, sondern schon hinter der künstlichen Befruchtung steht ein viel weiterreichenderes Problem der modernen Gesellschaft: der Wunsch, das eigene - und in diesem Fall das fremde - Leben zu kontrollieren. Künstliche Befruchtung, ob mit oder ohne PID, suggeriert die Plan- und Machbarkeit von Leben und Tod. Aber ist das vermeintlich Negative, nämlich Kinderlosigkeit und Behinderung, tatsächlich immer unbedingt negativ, oder kann aus Einschränkungen nicht auch Gutes entstehen? Verena Bentele ist ein Beispiel, wie ein Mensch an Herausforderungen wachsen und zum Vorbild werden kann. Indem die Fortpflanzung aus den Schlafzimmern in die Labore geholt wurde, ist sie auch ein Geldmarkt geworden. In einundderselben Klinik werden Embryonen für 400 Euro abgetrieben und ein Zimmer weiter für 4000 Euro im Reagenzglas gezüchtet und eingepflanzt. Diese Tötungs- und Gebärmaschinerie kostet jährlich 300 Millionen Euro, während in Entwicklungsländern pro Jahr Millionen Kinder an Unterernährung sterben. Ist es nicht notwendiger, statt über die PID über die Vereinfachung von Adoptionen zu sprechen? Es ist schade, wenn auch wenig überraschend, dass dieser Gedanke in einer konsumgesteuerten und egozentrischen Gesellschaft, in der alle individuellen Wünsche jetzt und gleich erfüllt werden müssen, in den Hintergrund gedrängt wurde. Wer A sagt, muss nicht B sagen. Manchmal merkt man erst an der neuen Grenze, dass man schon zu weit gegangen ist.

Quelle: Westfalen-Blatt

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