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Westfalen-Blatt: zu Haiti

Archivmeldung vom 12.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Der Karibikstaat Haiti ist Leid gewohnt. 200 Jahre wurde die Bevölkerung von Despoten ausgebeutet und drangsaliert. Doch auch die Gegenwart verlangt den Haitianern eine Menge ab. Als sei die Erdbeben-Katastrophe vor zwei Jahren nicht genug, erleben sie nun eine untätige Politik, eine schwache internationale Gemeinschaft und die Ausbreitung der Cholera. Haiti kämpft nicht nur mit den Folgen eines dramatischen Naturereignisses, sondern auch mit der Frage, welcher Weg aus der Krise heraus führt.

Präsident Michel Martelly verspricht viel, kümmerte sich aber in den ersten sechs Monaten seiner Amtszeit lieber um Mehrheiten im Parlament. Eine wichtige Weichenstellung - keine Frage. Angesichts von 500 000 Menschen, die immer noch in Obdachlosencamps leben, aber wohl nicht die zentrale Problematik, die es zu lösen gilt. An erster Stelle müsste die Unterstützung der Hilfsorganisationen beim Wiederaufbau stehen. Die Regierung tritt aber nicht als organisierende Autorität auf, sondern als untätig konzeptloses Gremium. So werden beispielsweise tausende Fertighäuser ins Land importiert, anstatt mit der Bevölkerung gemeinsam mehr Wohnraum zu schaffen. Der Präsident fördert lieber die Abhängigkeit von anderen Staaten und den Aufbau einer eigenen Armee, anstatt die Eigenständigkeit des Landes voranzutreiben. Hinzu kommen Korruption und Bürokratie, die immer größere Blüten treiben. Die Leidtragenden sind abgesehen von den Haitianern vor allem die Hilfsorganisationen, die in ihrer Arbeit behindert werden. Das kann sich Haiti aber nicht leisten. Viele Nicht-Regierungsorganisationen verlassen inzwischen das Land, weil die Finanzierung ihrer Projekte nicht garantiert ist oder sie in den Fängen der Korruption zu ersticken drohen. Auch die internationale Gemeinschaft ist im Wiederaufbau keine verlässliche Größe. Es brauchte sogar externe Fachleute, um nachzuweisen, dass ausgerechnet die UN-Blauhelme für die Verbreitung der Cholera verantwortlich waren. Mit 4,6 Milliarden US-Dollar hat die internationale Gemeinschaft außerdem gerade einmal die Hälfte des zugesagten Geldes freigegeben. Hilfsorganisationen fürchten, dass die Versprechungen nicht eingehalten werden.  Es gibt aber auch gute Nachrichten: 750 000 Kinder gehen laut eines Unicef-Berichts wieder zur Schule, 120 000 Kinder nutzen Spiel- und Lernmöglichkeiten in 530 betreuten Spielzonen. Außerdem haben 1,5 Millionen Menschen einen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Diese Zahlen zeigen, worauf es wirklich ankommt. Den Menschen muss wieder Hoffnung gegeben werden. Das funktioniert aber nur dann, wenn die Regierung endlich versteht, dass sie den Wiederaufbau strukturieren und leiten muss. Nur dann hat Haiti eine Chance, irgendwann einmal wieder seinen Ruf aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts zurückzuerobern: als Perle der Antillen.

Quelle: Westfalen-Blatt (ots)

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