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Das Westfalen-Blatt (Bielefeld) schreibt zu den pro-tibetischen Protesten beim olympischen Fackellauf

Archivmeldung vom 08.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Steigen wir in die Zeitmaschine und landen wir im Sommer 1900 in China. Ein gemeinsames Heer von Deutschen, Briten, Franzosen, Amerikanern, Japanern und Russen schlägt den »Boxeraufstand« blutig nieder.

Das einfache Volk hatte sich gegen die Fremdherrschaft der imperialistischen Staaten erhoben und dabei den deutschen Gesandten in Peking, Clemens Freiherr von Ketteler, ermordet. Europa und Amerika reagierten mit beispielloser Brutalität. Die deutschen Soldaten sollten ihre Waffen so führen, schärfte ihnen Kaiser Wilhelm II. in seiner »Hunnenrede« bei der Abfahrt in Bremerhaven ein, »dass auf tausend Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einen Deutschen scheel anzusehen.« Was der Ausflug in die Geschichte soll? Die Geschehnisse im Sommer 1900 müssen beim Blick auf die Unterdrückung des Volksaufstandes in Tibet 2008 mit berücksichtigt werden. Chinesische Studenten wissen sehr genau, wie übel ihrem Land vom Westen mitgespielt wurde und empfinden es als scheinheilig, wenn Europa und die USA Peking Menschenrechtsverletzungen vorwerfen. Gestern eskalierte der antichinesische Protest in Paris, die olympische Fackel erlosch. Dabei verdrängt Europa die eigene Geschichte. Der Politik- und Wirtschaftswissenschaftler Gabor Steingart brachte diese Haltung in seinem Buch »Weltkrieg um Wohlstand« auf den Punkt: »Alle Menschenrechtsverletzungen, die der Westen dem heutigen China vorwirft, hat er an den Chinesen selbst begangen. Das Land wurde erniedrigt, gedemütigt und in Armut gehalten.« China habe den Großmächten im Zeitalter des Imperialismus 70 Jahre lang als »Selbstbedienungsladen« gedient. Der Blick in die Geschichte rechtfertigt und verharmlost die Verbrechen der Chinesen in Tibel keineswegs. Peking versucht in Lhasa, einem Volk seine Traditionen zu nehmen. Freiheit und kulturelle Selbstbestimmung werden verweigert. Aber genau das hat der Westen in der Vergangenheit mit China getan, und 108 Jahre sind in der Menschheitsgeschichte nur ein Wimpernschlag. Im 19. Jahrhundert benebelten die Briten das Riesenreich mit tausenden Tonnen Opium, um den Staat durch Rauschgift zu zersetzen. Europa, die USA, Russland und Japan diktierten Handelsverträge, schickten christliche Missionare und Strafkompanien und besetzten Landstriche nach Belieben. China war groß, aber schwach. Heute ist China groß und stark. Es hat aus der Geschichte gelernt und handelt so wie der Westen vor 108 Jahren. Das ist erschreckend, weil sich dadurch die Serie der Menschenrechtsverletzungen fortsetzt. Deshalb muss der Westen, wenn es um Tibet geht, seine Stimme erheben. Dabei die eigenen Fehler in der Vergangenheit nicht zu verschweigen, würde den Protesten in China allerdings mehr Glaubwürdigkeit verleihen. Bei der Regierung und bei den Studenten, für die der Boxeraufstand die Unterdrückung ihres Heimatlandes symbolisiert.

Quelle: Westfalen-Blatt


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