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WAZ: Rummel um einen Eisbären

Archivmeldung vom 09.04.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.04.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Am 8. April 2008, um 15 Uhr, hat sich in Nürnberg Folgendes ereignet: Mehrere Hundertschaften Reporter, Fotografen, Kameramänner strömten unter freiem Himmel zusammen und balgten sich mit hartem Ellenbogeneinsatz um die besten Plätze. Aber nicht die Kanzlerin, nicht der Papst diktierten an diesem 8. April 2008 die Schlagzeilen. Die versammelte Medienmacht beobachtete einen Eisbären beim Planschen.

Im Banne des Bären sind wir ja schon seit einem Jahr. Manch einer sah auch den Untergang des Abendlandes nahen, wenn nicht mehr Irak und Darfur, sondern die Flegelzeit eines Raubtieres von Zeit zu Zeit die Nachrichten stürmen. Das scheint nun wirklich ein wenig hoch gegriffen. Aber das Phänomen Knut und Flocke beschäftigt längst auch Soziologen und Politiker, und das nicht zu knapp.

Guido Westerwelle hat zum Beispiel die "Knutisierung der Politik" kritisiert. Alles werde inzwischen "gefühlig", behauptete der FDP-Vorsitzende und beklagte einen Trend weg vom Programm, hin zum Niedlichen.

Historiker entdecken hier Parallelen zum Biedermeier. Der Rückzug ins Private aus einer Welt der Probleme. Wo Konfusion sich breitmacht, kuschelt man sich gerne gemütlich vor dem Kamin. Lässt Irak Irak und Darfur Darfur sein und wärmt das Herz lieber am possierlichen Tier. Sollen sich doch die Politiker um die Probleme dieser Welt kümmern.

So funktioniert Demokratie natürlich nicht, und deshalb ist die Diskussion um Knut und Flocke angebracht. Der Nürnberger Zoo hat sich der Herausforderung gestellt und die Kritik an der umstrittenen Aufzucht eines Eisbären von Anfang an ernst genommen. Nicht ganz uneigennützig natürlich, das sollte an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Ein Zoo ist nun mal ein Wirtschaftsunternehmen, der Bär ein wichtiger Bilanzfaktor.

Berichterstattung und Reaktionen haben sich aber auch längst aus dem Käfig des Niedlichen befreit. Inzwischen geht es um nicht mehr nur putziges Planschen und entzückende Ekstase. Sondern auch um artgerechte Haltung in den Zoologischen Gärten, um Tierschutz oder Klimakatastrophe, um schmelzende Pole und aussterbende Arten.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Ulrich Schilling-Strack)

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