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DER STANDARD-Kommentar zur Steuerdebatte: "Bröckelnde Tabus"

Archivmeldung vom 12.12.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.12.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Endlich beginnen die Tabus zu bröckeln. Immer öfter nimmt Michael Spindelegger das in den eigenen Reihen so verpönte S-Wort in den Mund. Erst liebäugelte der Vizekanzler mit einem "Solidarbeitrag", nun mit dem Schließen von "Lücken": Die ÖVP freundet sich, so scheint es, mit Steuererhöhungen an. Kanzler Werner Faymann ließ sich naturgemäß nicht lange bitten. Er machte einen Vorschlag, der haargenau in Spindeleggers Anforderungsprofil - "wer mehr hat, muss mehr geben" - passt: Die vorgeschlagene Steuer auf Wertgewinne bei Immobilienverkäufen trifft, zumal Eigenheime ausgeklammert werden sollen, sicher nicht die Ärmsten im Land.

Riesiger Besitz liegt in wenigen Händen, das oberste Zehntel hält 60 Prozent des Immobilienvermögens - und genießt trotzdem einen schleichenden Steuerrabatt: Mangels Anpassung wird die Grundsteuer anhand von Uraltwerten weit unter den realen Marktpreisen berechnet. Was überdies für höhere Abgaben auf Immobilienvermögen spricht: Sie dämpfen das angeschlagene Wirtschaftswachstum kaum und laden nicht zur Steuerflucht ein. Zinshäuser können schwer nach Bratislava übersiedeln. Sozial ausgewogen ließe sich auch ein mögliches Gegengeschäft gestalten: Bewegung im Streit um die Studiengebühren hat Faymann angedeutet - und kratzt damit ebenfalls an einem eigenen Dogma. Stets hat die SPÖ den freien Hochschulzugang beschworen, doch die erhoffte soziale Durchmischung nicht erreicht. De facto gilt immer noch die Regel: Je reicher die Eltern, desto größer die Chancen des Nachwuchses auf Studium und hohes Einkommen. Von der Abschaffung der Studiengebühren haben deshalb viele angehende Akademiker profitiert, die sich - etwa via Kreditmodell mit späterer Rückzahlung - einen Beitrag leisten könnten, um bessere Studienbedingungen und großzügigere Stipendien für die wirklich Bedürftigen zu finanzieren. Natürlich wäre Gratisbildung für alle das Ideal. Aber in Zeiten leerer Kassen ist es fragwürdig, dass gerade gutsituierten Studierenden Gebühren erspart bleiben, während etwa für den Kindergartenbesuch je nach Bundesland immer noch empfindliche Kosten anfallen. Faymann und Spindelegger, die viel gescholtenen "Besitzstandswahrer", als Tabubrecher? Davon kann noch keine Rede sein, vorerst wagten die beiden nur Andeutungen. Doch im Vergleich zum in der Koalitionsdebatte üblichen Einbunkern ist das bereits ein Fortschritt.

Quelle: Der Standard (ots)

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