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Börsen-Zeitung: Politischer Ölpreis

Archivmeldung vom 24.11.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.11.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Als der Brent-Ölpreis Anfang Oktober auf rund 85 Dollar je Barrel geklettert war, zeigten sich viele Analysten und Manager aus der Ölindustrie davon überzeugt, dass die Notierung des wichtigsten Energieträgers bis zum Jahresende auf 100 Dollar je Barrel klettern würde. Dazu ist es bekanntlich nicht gekommen. Am Freitag sackte die Notierung von Brent Crude um rund 6,5 Prozent auf weniger als 59 Dollar ab. Dass viele Analysten so gründlich daneben lagen, liegt vor allem daran, dass der Ölpreis nicht nur durch das aktuelle Angebot, die von der globalen Konjunktur beeinflusste Nachfrage, die freien Kapazitäten und die Produktionsplanungen der Anleger beeinflusst wird. Der Ölpreis ist nicht zuletzt auch ein politischer Preis.

Das begann bereits im Herbst 1973 mit der Ölkrise, als die arabischen Ölexporteure die westlichen Länder wegen ihrer Unterstützung Israels im Jom-Kippur-Krieg unter Druck setzten. Eine weitere starke Beeinflussung des Ölpreises in jüngerer Zeit hat es zwischen Juni 2014 und Januar 2016 gegeben. In dieser Zeit fiel der Brent-Ölpreis von rund 115 Dollar bis auf 28 Dollar je Barrel.

Zwar spielte sicherlich auch eine große Rolle, dass die Kohäsion innerhalb der Opec vor dem Hintergrund der steigenden Produktion außerhalb des Kartells - vor allem in den USA und in Russland - verloren ging und dass es den großen Anbietern wichtig war, Marktanteile zu bewahren, deren Wiedergewinnung langfristige Anstrengungen erfordert hätte. Dennoch hatte sich ein Anbieter wie Saudi-Arabien, der auf hohe Öleinnahmen zur Sicherstellung politischer Ruhe im eigenen Land angewiesen ist, wie zuvor noch niemals auf einen derartigen Preisverfall eingelassen, der normalerweise die Bereitschaft zum Kompromiss selbst mit Kontrahenten wie den Iran gefördert hätte. Viele Beobachter sind davon überzeugt, dass Saudi-Arabien auf Drängen der militärischen Schutzmacht USA aktiv wurde, um Russland im Rahmen der Krim-Krise in die Knie zu zwingen.

Bei dem aktuellen Preisverfall um rund 33 Prozent dürfte es jedoch darum gehen, Saudi-Arabien unter Druck zu setzen. An den entsprechenden Stellschrauben dreht dabei US-Präsident Donald Trump, der Öl als politische Waffe bereits gegen den Iran eingesetzt hat, um mit Hilfe der Sanktionen den wachsenden Einfluss Teherans in der Region um den persischen Golf und in Syrien einzudämmen. Nach Einschätzung vieler politischer Beobachter ist das zuvor enge Verhältnis zwischen Trump und dem saudischen Kronprinz Mohammed bin-Salman zuletzt abgekühlt, wobei sich auf mehreren Gebieten Meinungsverschiedenheiten aufgetan haben - wobei der Mord an dem saudischen Journalisten Jamal Khashoggi noch die geringste Rolle spielt.

Ein wichtigerer Aspekt sind die Bestrebungen Trumps, ein israelisch-palästinensisches Abkommen zu arrangieren, dass das Problem aus israelischer Sicht ein für alle Mal lösen und dem noch vor Saudi-Arabien wichtigsten US-Verbündeten in der Region den Rücken frei halten würde. Während bin-Salman der Idee zugetan ist, soll sein Vater, König Salman, in diesem Punkt stark bremsen. Ohne saudische Ölmilliarden bestehen aber kaum Aussichten auf eine Zustimmung der Palästinenser.

Trump soll auch unzufrieden damit sein, dass aus den von ihm groß angekündigten saudischen Waffenkäufen in den USA über mehr als 110 Mrd. Dollar bislang nichts geworden ist. Saudi-Arabien hat im laufenden Jahr bislang lediglich für 14,5 Mrd. Dollar bei der US-Rüstungsindustrie bestellt. Der saudische Kronprinz hat inzwischen sogar dafür gesorgt, dass sein Land in großem Umfang Waffen in Russland kauft, was aus Sicht Trumps eine rote Linie überschreitet. Trump steht zudem unter Druck aus dem Kongress, für ein Ende des von den Saudis betriebenen Jemen-Kriegs zu sorgen.

Um Druck auf die Saudis auszuüben, hat sich Trump bereiterklärt, dem Iran trotz der harten Sanktionen umfangreiche Ölexporte zu genehmigen, was wie geplant den Ölpreis nach unten bugsiert hat. Wenn dann noch vor allem Libyen, Venezuela und die USA zusammen rund 1 Mill. Barrel pro Tag mehr produzieren als erwartet, sind ausgeprägte Reaktionen am Terminmarkt wie am Freitag die Folge. Ob sich Saudi-Arabien traut, die Opec am 6. Dezember gegen den ausdrücklichen Willen Trumps auf umfangreiche Förderkürzungen einzuschwören, wird sich zeigen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Dieter Kuckelkorn

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