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Mittelbayerische Zeitung: Olympische Bankrotterklärung

Archivmeldung vom 16.11.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.11.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Stell dir vor, es ist Olympia - und keiner will's haben! Zumindest nicht vor der eigenen Haustür. So geschehen dieser Tage. Nach diversen anderen Gemeinden und Regionen zeigen nun auch die Einwohner von Calgary möglichen Winterspielen mehrheitlich die kalte Schulter. Das klingt wie die Jagd nach einem Rekord. Über den Globus und die Jahre verstreut haben nunmehr neun Kommunen in Bürgerbefragungen ihre Ablehnung dokumentiert. Es ist eine traurige Bestmarke.

Und das Votum aus Kanada ist eine Bankrotterklärung für das ehemals so stolze, wenn auch stets im Ruch des undurchsichtigen Honoratiorenvereins stehende IOC. Die Herren der fünf Ringe - die Damen sind ja bis heute deutlich in der Minderzahl - haben das zweifelhafte Kunststück vollbracht, eine fantastische Idee systematisch zu diskreditieren. Bei der Entscheidung über den Ausrichter der Winterspiele im Jahr 2026 schmilzt die Auswahl dahin wie Neuschnee im grellen Sonnenlicht. Übrig sind noch zwei politische Wackelkandidaten - Mailand im Verbund mit Cortina d'Ampezzo sowie Stockholm. Immerhin, möchte man sagen. Denn zuletzt, als es um den Schauplatz 2022 ging, stand das Internationale Olympische Komitee vor der aperen Alternative, Peking oder dem kasachischen Almaty den Zuschlag zu erteilen. Die Wahl fiel auf die chinesische Hauptstadt. Der Applaus der internationalen Sportwelt zu dieser bizarren Entscheidung war - nun ja - enden wollend.

Olympische Winterspiele sind beileibe nicht das einzige sportliche Großereignis, dem die Kernmärkte wegbrechen - zumal in Europa. Die Formel 1 ist längst zu neuen, lukrativen Ufern aufgebrochen und rast eben demnächst in Vietnam. Diese Schneise ist dem IOC verstellt. Winterspiele in Katar oder Südafrika sind zumindest bis auf Weiteres eine doch allzu gewagte Idee. Angesichts des Klimawandels wäre es stattdessen höchste Zeit für eine Rückbesinnung auf klassische Wintersportorte, die atmosphärisch die Gewähr für ein echtes Sporterlebnis zu bieten hätten. Denken wir an Innsbruck, denken wir an Oslo ... Und denken wir an Oberbayern! Es ist müßig, einer vertanen Chance nachzuweinen. Doch spätestens, wenn wir 2022 Augenzeugen der Spiele in Peking sein werden, sollten wir uns bewusst machen, dass die Wettbewerbe ebenso gut in München und Garmisch-Partenkirchen über die eisige Bühne hätten gehen können. Bürgervoten verhinderten diese höchst aussichtsreiche Kandidatur. Olympia gleich Doping-Exzesse gleich Gigantismus gleich Umweltzerstörung gleich Kostenexplosion: Diese Gleichung macht die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürgern demokratischer westlicher Staaten auf. Es ist die Schuld des IOC, dass seine Rechnung nicht mehr aufgeht.

An der Spitze der Olympier thront mit Thomas Bach ein deutscher Agenda-Politiker. Seine sympathischen Visionen für 2020 lauteten ursprünglich mal: alles eine Spur kleiner, umweltschonender, kostengünstiger, überschaubarer, insgesamt heimeliger. Außer der Botschaft ist von Bachs Zukunftskonzept bislang wenig in der olympischen Realität angekommen. Die Beharrungskräfte im IOC gleichen offensichtlich denen im Vatikan. Für Revolutionäre sind sowohl Rom als auch der IOC-Sitz Lausanne kein gutes Pflaster. Wer, wenn nicht der deutsche Sport sollte Thomas Bach beim Wort nehmen? Nach sechs gescheiterten Anläufen verharren die Funktionäre hierzulande im olympischen Schmollwinkel. Dabei ist die Zeit reif für eine erneute Kandidatur, die Winterspiele 2030 böten sich dafür an. Und im Sommer 2036 wäre der ideale Zeitpunkt, exakt 100 Jahre nach den Propagandaspielen der Nazis in Berlin das geläuterte Deutschland zu präsentieren. Zuvor muss allerdings massiv Überzeugungsarbeit in der überwiegend skeptischen Bevölkerung geleistet werden. Aber so ist das nun mal im Sport: Erfolg ist allemal das Resultat von Mühsal und Schweiß.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots) Von Heinz Gläser

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