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Börsen-Zeitung: Die Renditen sinken wieder

Archivmeldung vom 17.09.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.09.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Der Renditeanstieg am Markt der Eurozone-Staatsanleihen, der in den vergangenen Handelstagen zu beobachten gewesen ist, hat im Handel wieder einmal die Frage aufgeworfen, ob das nun die Bodenbildung ist und damit der Schritt zur Zinswende eingeleitet ist oder ob es sich wieder um einen dieser kurzlebigen Ausbruchsversuche nach oben handelt. Vieles spricht für Letzteres, und die Anleger sind wieder einmal gut beraten, Ruhe zu bewahren, sich von dieser Marktentwicklung nicht ins Bockshorn jagen zu lassen und sich die dahinterstehenden Faktoren einmal etwas genauer anzusehen.

Ausgelöst wurde der Sprung der Renditen nach oben - die zehnjährige Bundrendite bewegte sich vom Minusbereich wieder ins Plus - zum einen durch Äußerungen von Eric Rosengreen, Präsident der Fed von Boston und stimmberechtigtes Fed-Mitglied, der vor einem zu langen Warten bei dem nächsten Zinsschritt der Fed warnte. Derartige Äußerungen haben schon so manches Mal für Renditeaufwärtsbewegungen gesorgt.

Sicherlich ist seine diesbezügliche Einschätzung korrekt, man sollte sich aber vor Augen führen, dass wichtige US-Konjunkturdaten - wie etwa der Arbeitsmarkt oder die Einkaufsmanagerindizes - zuletzt enttäuscht haben. Das spricht dafür, dass die Fed im September erneut abwartet, was die Renditen eher wieder nach unten befördert.

Zum anderen wurde der Renditeaufwärtstrieb auch durch die Europäische Zentralbank (EZB) ausgelöst. Mario Draghi und Co. entschieden sich bei der jüngsten Sitzung geradeaus zu fahren und beschlossen keine weiteren Lockerungsmaßnahmen, was am Markt mit etwas Enttäuschung aufgenommen wurde. Die Zinsanalysten aus dem Hause der Commerzbank weisen zu Recht auf ein wichtiges Detail hin, das am Markt von dem einen oder anderen vielleicht übersehen wurde.

So stieg (!) die Prognose für die Kerninflation für 2017 auf 1,3 Prozent. Dies lege den Schluss nahe, dass die nächsten Lockerungsschritte zum Jahresende anstehen sollten, da dieses Ziel leicht unterschritten werden könnte. Aus dieser Sicht sollten sich Marktakteure also eher auf niedrigere Renditen einstellen.

Angetrieben wurde die Aufwärtsbewegung der Bondrenditen auch durch Spekulationen, dass die Bank of Japan an einer steileren Kurve der japanischen Renditen interessiert sein und deshalb beschließen könnte, weniger langlaufende Anleihen zu kaufen und verstärkt in kurzfristige Papiere des japanischen Staates zu investieren und damit am kurzen Ende die Sätze noch tiefer ins Minus zu drücken. Die Bank of Japan tagt in der neuen Woche. Auch hier sollte man abwarten und zunächst Ruhe bewahren.

Was am Markt allerdings etwas untergegangen ist, sind die Umschichtungen einiger größerer Hedgefonds. Sie hatten lange Zeit darauf gesetzt, dass sich der Renditeabstand (Spread, zum Beispiel im zehnjährigen Laufzeitenbereich) zwischen den USA und der Eurozone ausweitet (höhere Renditen in den USA wegen Spekulationen auf einen näher rückenden US-Zinsschritt und niedrigere Bondrenditen in der Eurozone wegen des QE der EZB), und hatten sich deshalb mit langlaufenden Bundesanleihen eingedeckt.

Infolge erst mal ausgebliebener Lockerungsmaßnahmen der EZB und der Erwartung, dass sich der US-Zinsschritt wieder verschiebt, wurde diese Erwartung wiederum gedreht. Hedgefonds gingen von höheren Bundrenditen und niedrigeren US-Renditen aus und schichteten um. Das sorgte für Verkäufe in Bundesanleihen.

Hinzu kam ein spezieller Faktor am Eurozonen-Markt. Die Spreads der Peripheriebonds kamen immer näher an die Kernländer heran, und bei einzelnen Laufzeiten gab es nicht genügend Nachfrage. Auch hier wurden Verkäufe gesehen, die die Renditen nach oben drückten.

Wo steht der Markt aktuell, speziell die Bundesanleihen? Bis Donnerstag der abgelaufenen Woche war die zehnjährige Bundrendite noch im positiven Bereich, wenn auch nur knapp. Die Grenze von positiv zu negativ konnte also bei knapp unter zehn Jahren Laufzeit gezogen werden. Damit war der Markt in etwa auf dem Niveau angekommen, das er am 9. Juni - rund zwei Wochen vor dem Brexit-Votum Großbritanniens - hatte.

Doch am Freitag hat sich der Kursanstieg am europäischen Rentenmarkt fortgesetzt; die zehnjährige Bundrendite ist wieder in den Minusbereich abgerutscht. Bis auf minus 0,02 Prozent ging es herunter. Der Markt hat die Aufwärtsbewegung der Renditen praktisch ausgeglichen. Das Tief am 9. September war bei minus 0,05 Prozent. Sollte die Fed abermals stillhalten und sich am Markt die Einschätzung verfestigen, dass die EZB noch in diesem Jahr beim QE nachlegt, steht tieferen Sätzen nichts im Weg.

Quelle: von Kai Johannsen - Börsen-Zeitung (ots)

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