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Börsen-Zeitung: US-Kurve vor der Inversion

Archivmeldung vom 30.06.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.06.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Die US-Zinsstrukturkurve flacht immer weiter ab. Betrachtet wird der Abstand zwischen den zwei- und zehnjährigen US-Staatsanleiherenditen und die Veränderung dieses Renditeabstands im Zeitablauf, um daraus Schlussfolgerungen für realwirtschaftliche Entwicklungen abzuleiten. Derzeit liegt der Renditeabstand im genannten Laufzeitenbereich noch gerade einmal bei etwas mehr als 30 Basispunkten, die zehnjährige US-Rendite liegt bei gut 2,80%. Dies ist der geringste Renditeabstand - die Kurve also auf dem flachsten Niveau - seit dem Jahr 2007.

Allein in den vergangenen zwei Monaten ist der Abstand um gut 15 Basispunkte gesunken, die Kurve hat sich also um dieses Ausmaß verflacht. Das ist schon ordentlich. Eine flacher werdende Kurve der US-Staatsanleiherenditen signalisiert in der Lesart der Märkte eine sich abkühlende Wirtschaft. Eine komplett flache Kurve liegt vor, wenn die Renditen der zwei- und zehnjährigen US-Staatsanleihen auf dem gleichen Niveau liegen. Davon ist der Markt also nicht mehr weit entfernt. Sollte sich dieser Trend darüber hinaus fortsetzen, kommt es zur sogenannten Inversion der Zinskurve, d. h., die langfristigen - zehnjährigen - Marktzinsen liegen damit unter den kurzfristigen - zweijährigen - Marktrenditen. Die Formation der Zinsstrukturkurve hat in der Vergangenheit verlässlich Signale bezüglich der konjunkturellen Entwicklung gegeben. Eine Kurveninversion signalisierte den Marktteilnehmern eine spätere Rezession. Sie folgte für gewöhnlich rund zwei Jahre nach dem Einsetzen der Kurveninversion. Der Markt könnte also bald dieses Signal geben. Recht stetig bewegt sich die Kurve nämlich auf diese Inversion zu.

Das deckt sich mit anderen Marktgegebenheiten. Viele Marktteilnehmer gehen davon aus, dass die US-Notenbank Fed ihren Normalisierungskurs in der Geldpolitik in den kommenden Monaten fortsetzt. Dafür sind die Statements aus den Reihen der US-Notenbanker viel zu unmissverständlich. So gehen die Bondmarktakteure davon aus, dass dies auch die Zinsen am Markt weiter nach oben treiben wird. In den vergangenen Tagen haben Umfragen gezeigt, dass die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass die zehnjährige US-Staatsanleiherendite weiter steigen wird.

Auch am kurzen Ende werden weitere Steigerungen einkalkuliert. Es gibt jedoch auch ein großes Aber, das mit angeführt wird. Viele Akteure halten es für wahrscheinlich, dass die Fed mit ihrem Normalisierungskurs übers Ziel hinausschießen wird, d. h., dass sie die Leitzinsen im Urteil der Märkte zu stark anhebt und sie damit die im Juli 2009 begonnene Expansion der US-Wirtschaft abwürgt. Der Handelsstreit und eine Eskalation desselben kommen als Belastungsfaktor für die US-Konjunktur hinzu.

Sollte es genau dazu kommen, müsste die Fed wieder gegensteuern, womöglich schon bevor sie sich in Sachen Zinssenkungsspielraum genügend Pulver bereitgelegt hat. Denn wenn die Wirtschaft abflauen sollte - das deutet die flachere Zinskurve an - oder wenn die Wirtschaft gar in den Rezessionsmodus übergeht, werden die US-Zentralbanker mit Zinssenkungen der Wirtschaft zur Seite springen müssen. Genau darauf stellen sich Marktteilnehmer bei einer inversen Kurve ein: Auf längere Sicht sinken die Zinsen wieder, der Anleihemarkt nimmt diese Entwicklung vorweg, und zwar in Form der inversen Kurve.

Eine abflauende Wirtschaft oder gar eine US-Rezession bekommen auch die Unternehmen und Haushalte in der Eurozone über die internationalen Wirtschaftszusammenhänge zu spüren. Eine flaue US-Wirtschaft impliziert einen schwächeren Dollar. Waren der europäischen Firmen werden bei einem stärkeren Euro für Adressen im Ausland somit teurer. Die Exporte europäischer Firmen in die USA neigen somit zu Rückgängen. Das bedeutet weniger Umsatz für Unternehmen. Das erhöht den Kostendruck und schmälert in der Tendenz die Gewinne. Die Konjunktur neigt dann auch in der Eurozone zur Schwäche. Die erste Leitzinserhöhung in der Eurozone nach der Staatsschuldenkrise würde sich damit weiter in Ferne verschieben.

Auch aus der Eurozone kommen Signale, dass die Wirtschaft zumindest nicht mehr auf Hochtouren läuft. So ging in der abgelaufenen Woche der Ifo-Geschäftsklimaindex zurück. Das hat zwar noch keine besorgniserregenden Ausmaße angenommen, sollte aber auch nicht völlig ausgeblendet werden. Damit stehen die Zeichen in der Eurozone auch nicht auf stark steigende Marktzinssätze. Auch das ist an den Bundrenditen ablesbar. Sie weisen eher gen Süden als gen Norden.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Kai Johannsen

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