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Berliner Morgenpost: Merkel bestärkt, Europa geschwächt

Archivmeldung vom 08.06.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Man könnte es sich leicht machen nach dieser Europawahl und die gewohnt staatstragende Interpretation abliefern: Union verloren, aber Sieger. FDP erwartungsgemäß gewonnen. SPD am Boden, auch nicht ganz neu. Grüne auf hohem Niveau stabil. Und die Linke hält trotz allen internen Durcheinanders ihre eisernen Anhänger bei der Stange.

Unterm Strich, alles wie gehabt. Damit wäre die Sondersendung aus Brüssel beendet, Fortsetzung in fünf Jahren. Ob sich die Metro Arcandor schnappt oder die Scheichs nach Porsche greifen, das interessiert die Deutschen allemal mehr als das Treiben im fernen Brüssel. Fakt ist: EU steht für Egal-Union. Und genau hier liegt das Problem: In dieser Europawahl ging es um alles, aber nicht um Europa. Nahezu jedes Wahlplakat führte in die Irre. Und die Signale der Wähler werden durchweg innenpolitisch interpretiert, im Hinblick auf die Bundestagswahl und das innerdeutsche Machtgefüge: Wie groß ist Merkels Kanzlerinnen-Bonus? Wo steht die SPD wirklich? Was ist die Seehofer-CSU wert? Deutlicher als je zuvor haben wir uns selbst gezeigt, was wir von der EU derzeit halten, nämlich nicht viel. Europa gilt im besten Fall als langweilig, oftmals sogar als lästig. Seit 1989 fällt die Wahlbeteiligung kontinuierlich. Zugleich aber führt die Politik konsensual ein großes Theater auf: Wir in Europa - so wichtig, so mächtig, so wunderbar zukunftsorientiert. Dieses Stück allerdings wird vor halb leeren Rängen aufgeführt. Ehrlich betrachtet zeigt diese Wahl vor allem eines: Europa hat ein mehrfaches Legitimationsproblem. Nur etwa jeder siebte wahlberechtigte Deutsche hat die siegreiche Union gewählt, nur jeder 25. hat sich für die kleineren Parteien entschieden. Das zweite Legitimationsproblem: Die deutschen Europa-Politiker schaffen es nicht, mit ihren Inhalten durchzudringen. Wenn aber Abgeordnete auf dünner Stimmen-Basis für keine erkennbaren Themen stehen, bleibt die Frage, ob überhaupt noch die mehrheitlichen Interessen des Landes vertreten werden? Vielen Menschen kommt Brüssel völlig zu recht wie ein Paralleluniversum vor, weit weg vom richtigen Leben. In Zeiten der Krise richtet sich das Interesse der Menschen ohnehin ins eigene Land; europäische Freunde sind im Kampf um Jobs mehr denn je Wettbewerber. In unsicherer Zeit aber, das lehren alle Wahlen, neigen die Bürger zu bewährten Kräften. So darf sich die Kanzlerin trotz deutlicher Verluste gerade für die CDU als Gewinnerin mangels Gegenwehr fühlen. Denn die Sozialdemokraten haben trotz des Wechsels von Beck zu Müntefering offenbar keine Strategie gefunden. Ähnlich ist es in Brüssel: Gegen einen britischen Premier auf Abruf, einen öligen italienischen Stenz und den Flummi aus Paris ist leicht glänzen. Angela Merkel also wird etwas beruhigter Richtung Bundestagswahl schauen. Europa ist damit allerdings auch nicht geholfen.

Quelle: Berliner Morgenpost

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