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Börsen-Zeitung: Zinswende um jeden Preis

Archivmeldung vom 03.08.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.08.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Der unzuverlässige Liebhaber hat geliefert. Mark Carney, den Gouverneur der Bank of England, muss der Spitzname, der ihm von einem Unterhausabgeordneten wegen seiner Wankelmütigkeit verliehen wurde, schon sehr geärgert haben. Vermutlich so sehr, dass er dieses Mal nicht schon wieder einen Rückzieher machen wollte. Schließlich wurde am Markt die Wahrscheinlichkeit eines Zinsschritts schon auf 90% beziffert. Und so erhöhte die Bank of England gestern erneut die Zinsen, obwohl die jüngsten Konjunkturdaten das nicht unbedingt erforderlich gemacht hätten. Gewiss, die überhöhten Häuserpreise und die Neigung vieler Briten zum schuldenfinanzierten Kaufrausch sprechen dafür. Aber das weltweite Wachstum, das der britischen Wirtschaft über eine schwache Inlandsnachfrage hinweggeholfen hatte, droht zu verebben.

In den bunkerähnlichen Gemäuern an der Threadneedle Street unterstellt man der Einfachheit halber nach wie vor, dass der britische EU-Austritt völlig reibungslos verlaufen wird. Das war schon vor dem Beinahezusammenbruch der Regierung von Theresa May gewagt. Nachdem ihr Brexit-Kompromiss von Brüssel brüsk zurückgewiesen wurde, hat diese Annahme noch weniger Sinn. Würde die Notenbank auch nur eine Wahrscheinlichkeit von 10% dafür unterstellen, dass es statt zum Deal zum Bruch mit Resteuropa kommt, hätte sie auf diese Zinserhöhung verzichten müssen, zumal sich ihre negativsten Auswirkungen auf das Wachstum gleich nach dem Austrittstermin zeigen dürften.

Man könnte zwar argumentieren, dass sich die Geldpolitik nicht an katastrophalen Extremrisiken orientieren könne. Aber warum Risiken eingehen, die man nicht eingehen muss? Die Inflation geht schneller zurück als von der Bank of England erwartet, das Lohnwachstum hat sich verlangsamt und das Wirtschaftswachstum ist so schwach wie seit Jahren nicht.

Man muss befürchten, dass die Zentralbankökonomen die Torpfosten verrücken werden, um zu punkten. Mit neuen Methoden zur Ermittlung von Produktivitätsentwicklung und Wachstum ließe sich die Zinswende um jeden Preis rechtfertigen. Dann würde man den Kollegen von der Federal Reserve nicht mehr ganz so weit hinterherhinken. Rudeldenken und Tunnelblick spielen eine weit größere Rolle, als Notenbanker je zugeben würden. Am Kapitalmarkt tut man gut daran, ihren Optimismus in Frage zu stellen. Bei der Bank of England mag man Extremrisiken außen vor lassen. Sonst kann sich das keiner leisten.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Andreas Hippin

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