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Börsen-Zeitung: Die Büchse der Pandora

Archivmeldung vom 30.10.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.10.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Am Mittwoch ist es aller Voraussicht nach so weit: Die amerikanische Notenbank Federal Reserve wird die nächste Runde quantitativer Maßnahmen zur Stützung der US-Konjunktur einläuten. Im Communiqué nach der Zinssitzung wird die Fed ankündigen, dass sie nun wieder in großem Umfang am Markt Staatsanleihen kaufen wird. Damit will sie die Kurse insbesondere bei den längeren Laufzeiten nach oben treiben und dadurch den Zinssatz, der beispielsweise für zehnjährige amerikanische Staatspapiere mit 2,6% bereits ziemlich niedrig ist, weiter nach unten bewegen. Das soll, so hofft jedenfalls Fed-Chairman Ben Bernanke, Investitionen und den privaten Konsum weiter anheizen.

An den Märkten dürfte die Ankündigung der Fed kurzfristig für nicht allzu viel Wirbel sorgen. Der steile Verfall des Außenwerts des Dollars und die Hausse an vielen Aktienmärkten der Welt zeigen, dass die Fed-Maßnahmen weitgehend eingepreist sein - sofern sie nicht weit über das erwartete Ausmaß hinaus gehen.

Auf lange Sicht könnten die Maßnahmen der Fed allerdings für die Volkswirtschaften und die Kapitalmärkte tiefgreifende Folgen haben. Die Fed öffnet mit ihrer neuerlichen Flutung der Märkte mit Liquidität erneut die Büchse der Pandora. Die Maßnahmen sind nämlich mit erheblichen Gefahren verbunden.

Die Geldpolitik der Fed war bereits unter Bernankes Vorgänger Alan Greenspan expansiv, womit dieser entscheidend zur Hausse der neunziger Jahre beigetragen hat. Der geldpolitische Kurs Greenspans hatte allerdings einen unangenehmen Nebeneffekt: Auf den Kapitalmärkten tummelten sich große Mengen an Überschussliquidität auf der Suche nach knappen lukrativen Anlagen. Folge davon war die Technologie-Bubble der Jahrtausendwende. Deren Platzen löste zum einen eine mehrjährige Baisse aus, zum anderen führte sie zu einer noch expansiveren Geldpolitik. Greenspans Kurs hat letztlich zu einer anhaltenden Destabilisierung des Weltfinanzsystems geführt: Bereits fünf Jahre nach der ersten Krise - dem Platzen der Technologie-Bubble - folgte die nächste in Gestalt der Subprimekrise, die sich dann zur Weltfinanz- und Wirtschaftskrise auswuchs.

Und wieder hat die Fed zu der aus ihrer Sicht bewährten Medizin gegriffen, um die USA von der Rezession zu heilen: Greenspans Nachfolger Bernanke hat die Märkte im Verlauf der Krise mit der gigantischen Summe von rund 2 Bill. Dollar geflutet. Dies hat offensichtlich immer noch nicht ausgereicht: Die US-Konjunktur, die zunächst durch die inzwischen extrem expansive Geldpolitik angefeuert wurde, hat inzwischen wieder deutlich an Schwung verloren. Zudem machen die Spätfolgen der Krise - die Arbeitslosigkeit und die Zwangsversteigerungen - dem US-Konsumenten schwer zu schaffen. Die Fed dürfte daher durch die Anleihenkäufe wahrscheinlich rund 500 Mrd. Dollar, vielleicht aber auch bis zu 1 Bill. Dollar in die Märkte geben.

Vielen Beobachtern wird angesichts dieser Summen angst und bange. Bill Gross von der Allianz-Tochter Pimco, einer der bekanntesten und erfolgreichsten Fondsmanager in den USA, spricht von einem "Schneeballsystem" der Fed, womit er nicht nur bei seinen amerikanischen Lesern Gedanken an Anlagebetrüger wie Bernard Madoff weckt. Gross bezweifelt zudem, dass die Fed-Medizin die gewünschten Erfolge zeigen wird. Er befürchtet, dass sich die USA längst in einer Liquiditätsfalle befinden, in der Geldpolitik ihre Wirkung verloren hat. Statt dessen dürften durch den Kurs der Fed wieder neue Bubbles entstehen - beispielsweise auf dem Bondmarkt, auf den Rohstoffmärkten oder auch bei Private Equity. Deren Platzen dürfte weitere Krisen auslösen, wobei die Staaten nach den bereits geschulterten Belastungen nicht mehr in der Lage sein werden, die Folgen abzumildern und einen Kollaps des Weltfinanzsystems zu verhindern.

Der Kern des Problems liegt darin, dass die USA seit langem über ihre Verhältnisse leben. Wie es scheint, nimmt man in Washington die genannten Gefahren aber in Kauf, um nicht äußerst schmerzhafte Korrekturen vornehmen zu müssen, die die USA ihre globale Führungsrolle kosten könnten.

Quelle: Börsen-Zeitung

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