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Schaun mer mal: Kommentar zum Bundesverfassungsgericht

Archivmeldung vom 22.04.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.04.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag abgelehnt, mit dem Kläger um AfD-Mitgründer Bernd Lucke den EU-Wiederaufbaufonds zunächst einmal stoppen wollten - und damit die Aufnahme von bis zu 750 Mrd. Euro durch die EU-Kommission an den Kapitalmärkten. Die Erleichterung bei Regierungspolitikern und Volkswirten über die Verweigerung des Eilrechtsschutzes ist laut vernehmbar. Das Verfassungsgericht, so heißt es in Research-Abteilungen und Fraktionen, habe den EU-Wiederaufbaufonds bereits "faktisch durchgewunken". In der Hauptsache des Verfahrens seien "keine Überraschungen" mehr zu erwarten.

Wenn das mal nicht zu voreilig ist. Das Verfassungsgericht ist bei seiner summarischen Prüfung nämlich gerade nicht zu einer eindeutigen Einschätzung der Erfolgsaussichten gelangt. Es beschränkt sich darauf, dass eine "hohe Wahrscheinlichkeit" für einen Verstoß nicht feststellbar sei. Na ja, das bedeutet nicht viel. Zumal die Richter betonen, dass sich "der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen erweist". In drei Worten zusammengefasst: Schaun mer mal.

Im Zuge der daran anschließenden Folgenabwägung lehnt das Gericht zwar den Eilantrag ab. Damit ist die Sache aber noch längst nicht am Ende. Es ist absehbar, dass das Bundesverfassungsgericht nun den Europäischen Gerichtshof (EuGH)um Klärung der Frage ersucht, ob die EU-Kommission überhaupt in größerem Umfang Schulden aufnehmen darf. Allein dieser prozessuale Schritt könnte für neue Verunsicherung an den Anleihemärkten sorgen. Und selbst wenn der EuGH die Vorbehalte aus Karlsruhe für unbegründet hält, wäre auch dann die Saga nicht abgeschlossen. Immerhin hat das Bundesverfassungsgericht im vorigen Mai demon­striert, dass es zum Krawall bereit ist, wenn ihm Luxemburger Entscheidungen nicht passen. Kurzum: Der EU-Wiederaufbaufonds hat eine Hürde genommen. Aber nicht die letzte.

Das ist bedauerlich. Denn es gibt sehr viele gute Gründe für den EU-Wiederaufbaufonds. Und es gibt auch sehr viele gute Gründe - sowohl politisch als auch verfassungsrechtlich - für die Vereinbarkeit einer Schuldenaufnahme der EU-Kommission in Krisenzeiten mit dem Grundgesetz. Schließlich ist die europäische Integration dynamisch, nicht statisch. Dass das Bundesverfassungsgericht im Hauptsacheverfahren zu einem Urteil gelangt, das der EU-Kommission einen klar definierten Spielraum zur temporären Schuldenaufnahme zugesteht, kann man daher hoffen. Wissen tut man es aber leider noch nicht.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Detlef Fechtner

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