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Die Masken fallen

Archivmeldung vom 04.10.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.10.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Nun ist es also raus. Die beiden nach Deutschland größten Volkswirtschaften der Eurozone, Frankreich und Italien, wollen nicht mehr: Sie wollen nicht mehr sparen. Sie wollen nicht mehr reformieren. Sie wollen sich dem vermeintlichen Spardiktat der freudlosen Deutschen nicht mehr länger beugen. Stattdessen wollen sie Wirtschaftswachstum und Prosperität mittels neuer Schulden schaffen – also genau jener Methode, die in der Vergangenheit schon so extrem „erfolgreich“ war.

In Frankreich und Italien nennt man ein solches Handeln vermutlich zukunftsorientierte Politik und es dürfte viel Zustimmung finden, wenn auch wenig helfen.

Nun ist es verständlich, dass Politiker keine schmerzhaften Reformen wollen. Schließlich hängt ihr ganz persönliches Wohl und Weh davon ab, dass das Volk sie wieder wählt – unbequeme Wahrheiten und Notwendigkeiten zu verkünden und für diese zu streiten, ist dabei eher hinderlich. Es ist auch verständlich, dass die Bürger erschöpft sind und keine weiteren schmerzhaften Reformen wünschen. Schließlich zahlen sie ja bereits seit Jahren den Preis für die völlig verfehlte Politik des „Olivengürtels“ in Form von hoher Arbeitslosigkeit, immer stärkerer (und oft auch völlig willkürlicher) Besteuerung sowie einer allgemeinen Einschränkung ihrer Freiheiten und dem zunehmenden Verlust ihres Wohlstandes.

Dass sich natürlich die Bürger (insbesondere die Franzosen) ausgerechnet von jenen die Rettung erwarten, die für den derzeitigen Zustand verantwortlich sind, mag man der Ironie des Weltgeists zuschreiben und sich ansonsten auf die Tatsache berufen, dass es eben unterschiedliche Mentalitäten gibt. Franzosen wollen keine Deutschen werden und Griechen keine Holländer.

Dem wäre auch voll und ganz zu zustimmen, gäbe es an der ganzen Sache einen kleinen (um nicht zu sagen einen ganz gewaltigen) Haken: Seit der Euroeinführung - und insbesondere seit dem offenen Ausbruch der Krise - wurden die Staaten immer enger aneinander geknüpft, um nicht zu sagen: gefesselt. Es wurden Rettungssysteme installiert, die jedes Mitglied der Eurozone, entgegen allen ursprünglichen Vereinbarungen, in eine Haftungsgemeinschaft zwangen. Dies bedeutet, wenn nun einzelne Staaten in ihren Anstrengungen nachlassen den Haushalt zu sanieren, die Verwaltung effizienter zu gestalten und darauf verzichten,
ihre Bürger zu eigenverantwortlichem Handeln zu motivieren, müssen die anderen Staaten dafür finanziell gerade stehen.

Damit wurden verhängnisvolle Anreize implementiert – in Deutschland kennt man diese Entwicklung aus dem Länderfinanzausgleich. Die chronisch klammen Bundesländer haben überhaupt kein Interesse daran, ihre Politik auch nur ansatzweise zu ändern. Denn dies würde Wählerstimmen und damit Posten kosten. Die Geberländer aber können sich auch nicht einfach zurücklehnen, da sie sonst recht schnell auf ähnlich bescheidene Niveaus sinken würden. Also müssen sie sich irgendwie damit arrangieren - oder wie beispielsweise Katalonien im ähnlich aufgestellten Spanien nach Unabhängigkeit streben. Im Falle Deutschlands lässt sich die Solidarität noch irgendwie mit der gemeinsamen Geschichte, Sprache und Kultur rechtfertigen. Im Kontext der EU wird dies unendlich schwierig.

Dennoch wurde diese Haftungsgemeinschaft konstruiert und es ist erschreckend, mit welcher Blauäugigkeit und Naivität die gesamte politische Klasse Deutschlands glaubte, mit einigen Unterschriften unter Verträge und heiligen Schwüren könnte diese fatale Anreizstruktur überwunden werden. Gesetzt den Fall, sie glaubten es tatsächlich und heuchelten diesen Glauben nicht nur.

Nun liegt das Kind im Brunnen bzw. nun bemerkt auch die breite Öffentlichkeit langsam, dass das Kind in den Brunnen gefallen ist. Es liegt dort nämlich tatsächlich schon eine ganze Weile: Die einigermaßen vernünftig wirtschaftenden Länder (wirklich gut aufgestellt sind auch sie nicht), von denen ökonomisch relevant einzig und allein Deutschland ist, sind in allen EU-Institutionen in der Minderheit. In der EZB werden sie überstimmt bzw. dürfen künftig turnusmäßig nicht einmal mehr an den Abstimmungen teilnehmen. Der ESM kann beliebig mehr Geld von seinen Mitgliedern fordern, die dann sieben Tage Zeit haben, das Geld zu überweisen. Da hilft auch die geforderte und angeblich vom Bundesverfassungsgericht als notwendig garantierte Zustimmung des Bundestages wenig.

Die Bankenunion zwingt den deutschen Steuerzahlern eventuell notwendig werdende Rekapitalisierungsmaßnahmen für spanische oder französische Finanzhäuser auf. Schließlich trägt das größte Risikostück der Bilanzausweitung der EZB ebenfalls der deutsche Steuerzahler.

Deutschland muss also künftig für alle Verfehlungen Frankreichs, Italiens, Spaniens und all den übrigen Staaten gerade stehen. Einen Ausweg gibt es vermutlich nicht mehr. Die fixe Idee der „historischen Schuld“, die zwar von den Deutschen selbst (gerade der jungen Generation) als immer weniger schwer empfunden wird, dafür aber von der politischen Klasse immer stärker thematisiert wird, macht die einseitige Auflösung der Eurozone und vor allem eine Aufkündigung der geschlossenen Rettungsverträge quasi unmöglich – selbst wenn inzwischen so gut wie alle Vereinbarungen derselben von allen Unterzeichnern gebrochen wurden und weiterhin gebrochen werden.
Aber Deutschland kann auch nicht wie Frankreich auf alle Anstrengungen verzichten - sogar wenn es irgendwie konsequent wäre. Zwar behaupten immer wieder Ökonomen in der EU, dass es genau dies bräuchte: Deutschland müsse seine Wettbewerbsfähigkeit schwächen, damit die anderen Länder wieder auf die Beine kommen können. Aber Deutschlands Konkurrenten sind auf dem Weltmarkt zu

finden. Frankreich, Italien oder Spanien sind keine Konkurrenz mehr für Deutschland – zu gering ist ihre Produktivität, zu niedrig die Qualität ihrer Industrieprodukte. Von einem Abfall der deutschen Wettbewerbsfähigkeit würden China, Brasilien, Korea oder die USA profitieren, nicht Spanien, nicht Italien, nicht Frankreich.

So steht zu erwarten, dass der deutsche Bürger weiterhin mit einem bestenfalls stagnierenden Realeinkommen rechnen darf, während seine Steuerbelastung ebenso wie seine Lebensarbeitszeit weiter steigen wird und die langersehnte Rente dürfte immer spärlicher bemessen werden. Die übrigen EU-Staaten werden weitermachen wie bisher und ihrer unter Arbeits- und Perspektivlosigkeit leidenden Bevölkerung erklären, die Deutschen seien an allem Schuld. Das Ende vom Lied lässt sich vermutlich am besten mit einem abgewandelten Bonmots der englischen Premierministerin Margret Thatcher beschreiben: Das Problem am EU-Sozialismus ist, dass ihm irgendwann das Geld der Deutschen ausgeht.

Unsere Hoffnung schwindet, dass die Entwicklung anders kommen könnte und es nicht mit einem deutschen Staatsbankrott, der ja tatsächlich ein Bankrott der Bürger sein wird, endet: Die Politiker des „Olivengürtels“ haben aufgrund mangelnder Anreize kein Interesse daran, auf das Geld der Deutschen zu verzichten. Die politischen Entscheidungsträger in Deutschland wiederum finden ihren Verstand, ihren Mut und ihre Stimme in der Regel erst nach der Pensionierung wieder – wie gerade drei prominente Beispiele zeigen - und der deutschen Bevölkerung geht nahezu jede militante Renitenz ab: Während die Gallier aus Protest gegen Bürokratie und Besteuerung durchaus einmal Feuer am lokalen Finanzamt legen, freut sich der Deutsche eher, wenn er seinen Nachbarn bei selbigem wegen Steuerhinterziehung hinhängen kann...

Quelle: Freitagsgedanken, von Dagmar Metzger, Steffen Schäfer und Christian Bayer, Liberale Vereinigung

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