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Mittelbayerische Zeitung: Die Eiskönigin Deutschland wird verwaltet, nicht regiert

Archivmeldung vom 24.02.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.02.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Es war einmal ein Land, in dem wir gut und gerne leben wollten. Dort regierte eine Frau, der die Menschen vertrauten. Warum sie das taten, das wussten sie nicht mehr so genau. Es ging ihnen gut, und die Frau war offenbar der Grund dafür, dass dem so war. Sie reiste durch die Welt und sorgte dafür, dass Schaden von dem Land ferngehalten wurde.

Sie kümmerte sich, dass die Dinge so verwaltet wurden, dass die Finanzen stabil blieben, die Wirtschaft brummte und die bestehenden Probleme nicht zu Themen wurden, und wenn, dann wartete sie erst einmal ab, bis sich die Fronten geklärt hatten. Hektik war ihre Sache nicht, und wahrscheinlich vertrauten die Menschen ihr deswegen so sehr, dass sie ihr immer wieder dazu verhalfen, zur Kanzlerin gewählt zu werden. Dabei merkten sie nicht, dass sie von einer Eiskönigin regiert wurden, von einer, die Entwicklungen einem Winterschlaf gleich erstarren ließ. Die Deutschen mögen offenbar diese Unterkühltheit und die damit einhergehende Langsamkeit. Anders lässt sich nicht erklären, warum Angela Merkel immer noch und wohl bald wieder eine Regierung führen wird.

Strenger Frost, das merken die Menschen dieser Tage, bringt klare Luft und die Eiseskälte mag einhergehen mit einer gewissen Beschränktheit der Möglichkeiten, aber das nimmt man lieber in Kauf als nass-kaltes Erkältungswetter. Doch so ganz stimmt das nicht. Unter der geschlossenen Schnee- und Eisdecke der Merkel-Jahre ist Leben erwacht und niemand merkt das deutlicher als die SPD. Während es der Verstand der Partei gebietet, sich einer weiteren Legislatur im eisigen Griff Merkels zu ergeben, sagt das Gefühl der Genossen Nein. Das Argument, man habe doch das Bestmögliche in den Verhandlungen mit der Union herausgeholt und dazu noch mehrere Schlüsselministerien, wird am Ende wahrscheinlich an der Basis der SPD verfangen. Aber auch in der Spitze, dort, wo die Vernunft herrschen muss, bleibt die Angst, ein weiteres Mal als Verlierer vor den eigenen Wählern zu stehen, wenn die Ergebnisse hinter den Versprechungen zurückbleiben. Und diese Angst ist berechtigt. Merkel hat viel an ihrer Macht und ihrer Alternativlosigkeit in der CDU eingebüßt.

Der Verlust des Finanzministeriums wird noch in langen Nächten in CDU-Hinterzimmern als Legende vom Beginn des Untergangs der Partei herhalten müssen, oder zumindest als Zeichen der Krise, die aber schon viel länger andauert. Siehe die Verluste bei den vergangenen Wahlen. Aber Merkel ist klug genug gewesen, quasi ihre Nachfolge zu Lebzeiten zu regeln. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer hat sie keine Königinnen-Mörderin an ihre Seite geholt und keine Palastrevolution eingeleitet. Eher eine dynastische Nachfolge. Die CDU wird eine Merkel-Partei bleiben. Sofern nichts passiert, und danach sieht es nicht aus. Frost, Starre, so weit man blickt. Oder doch nicht? Am Donnerstag hat der Bundestag eine Sternstunde erlebt, als Cem Özdemir die AfD in einer Rede demontiert hat. So brillant und emotional war schon lange kein Auftritt im Parlament mehr.

Bemerkenswert dabei ist, dass es mit einem Grünen ein künftiger Oppositionspolitiker war, der der AfD entgegentrat wie bislang keiner. Bemerkenswert ist auch, dass es einer Partei wie der Alternative für Deutschland bedurfte, um so eine Form der Emotionalität überhaupt möglich zu machen. Und ebenfalls ist es wert, anzumerken, dass es Mitschuld von Union und SPD ist, dass die AfD im Parlament sitzt. Die Genossen sollten der Großen Koalition zustimmen. Einen weiteren Winter - egal, ob er vier Jahre dauert oder nicht - werden sie überleben. Die Wähler auch. Dann aber ist es Zeit für den Frühling. Mit frischen Farben. Auch im Kabinett.

Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots) von Christian Kucznierz

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