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Warum "Spatzenhirn" auf Vögel nicht zutrifft

Archivmeldung vom 15.06.2016

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.06.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Keas etwa sind Werkzeug-Experten - um an Maden zu gelangen, fertigen die Krähen Stocherspieße mit spitzen oder aufgefaserten Enden an Quelle: Copyright: Jared Kelly, flickr.com: (idw)
Keas etwa sind Werkzeug-Experten - um an Maden zu gelangen, fertigen die Krähen Stocherspieße mit spitzen oder aufgefaserten Enden an Quelle: Copyright: Jared Kelly, flickr.com: (idw)

Als "Spatzenhirn" bezeichnet zu werden, sollte man künftig als Kompliment gelten lassen: Ein internationales Team von Kognitionsbiologen um Tecumseh Fitch von der Universität Wien hat herausgefunden, dass Vögel trotz ihres kleinen Gehirns relativ gesehen signifikant mehr Neuronen aufweisen als jene von Säugetieren. Mehr Neuronen bedeuten auch mehr Gehirnleistung, was insbesondere bei Raben und Papageien, die für ihre Klugheit bekannt sind, überproportional ausgeprägt ist. Ihre Ergebnisse publizieren die ForscherInnen aktuell in der renommierten Fachzeitschrift PNAS.

Dass Vögel kluge Tiere sind, haben ForscherInnen in den letzten Jahren immer wieder bewiesen: Raben und Häher wissen, wenn sie jemand beim Verstecken von Futter beobachtet hat, und suchen ein neues Versteck, wenn der Beobachter weg ist; Elstern erkennen ihr eigenes Spiegelbild, und Neukaledonische Krähen stellen komplizierte Werkzeuge her und verwenden sie. Papageien sind neben Menschen die einzigen, die ohne Training zu einem Takt tanzen können, einige trommeln sogar mit Stöcken auf Bäume. Graupapageien können hunderte Wörter erlernen und sie sinnvoll einsetzen: Aber wie können Vögel solche geistigen Meisterleistungen mit einem vergleichsweise kleinen Gehirn vollbringen?

Ein Team von WissenschafterInnen aus Tschechien, den USA und Österreich um Tecumseh Fitch vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien hat die Antwort gefunden: Vögel haben eine effizientere neurale Architektur, die es ermöglicht, mehr Neuronen in kleineren Gehirnen unterzubringen als es bei Säugetieren der Fall ist. Neuronen sind individuelle Gehirnzellen, die die kognitiven Berechnungen durchführen. Mehr Neuronen heißt daher höhere "Rechenleistung". Zusätzlich sind bei Gehirnen besonders kluger Vögel wie Raben und Papageien unverhältnismäßig mehr Vorderhirnneuronen an der komplexen Kognition beteiligt.

Ein Team um Pavel Němec von der Karls Universität in Prag setzte eine neue Technik zur Zählung der Neuronen in den Gehirnen von 28 Vogelarten ein. Das verblüffende Ergebnis: Bei Singvögeln und Papageien liegt eine sehr hohe Anzahl an Neuronen in viel höherer Dichte als bei Säugetieren vor. Die neue Technik, die von Suzana Herculano-Houzel von der Vanderbilt Universität in den USA entwickelt wurde, wurde bisher nur an Säugern angewandt und ermöglicht ein schnelles und präzises Zählen der Neuronen.

"Menschliche Gehirne und jene von anderen Säugern lagern ihre Neuronen in den sogenannten Neokortex ein, ähnlich einer Schichttorte", erklärt Co-Autor Tecumseh Fitch vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien. "Diese Torte kann jedoch maximal sechs Schichten haben. Bei einer Erhöhung der Neuronenzahl kann daher nur zur Seite hin erweitert werden. Dies geht jedoch mit einer Zunahme der Distanzen zwischen den einzelnen Neuronen einher, dessen Verbindungen untereinander sehr viel Platz einnehmen". Beim Menschen benötigen diese Verbindungen (weiße Substanz des Kortex) fast die Hälfte des Platzes.

Vögel haben im Gegensatz dazu eine nukleare Architektur, die eine effizientere Einlagerung der Neuronen ermöglicht. "In Vogelgehirnen sind die Neuronen wie Rosinen im Pudding verteilt und sie können dort eingebaut werden, wo sie nötig sind – ohne viel Platz für lange Verbindungen zu verschwenden", erklärt der Kognitionsbiologe und vergleicht die Architektur des Vogelgehirns mit einem neuartigen Computerchip mit einer höheren Anzahl von Transistoren auf einer kleineren Silikonunterlage. Da evolutionär gesehen auf verbesserte Flugfähigkeiten durch eine Verringerung des Fluggewichtes selektiert wurde, ist es sehr wahrscheinlich, dass hier der Weg eines effizienteren, kompakteren und damit auch leichteren Gehirns eingeschlagen wurde.

Co-Autoren bei dieser Studie sind Seweryn Olkowicz, Martin Kocourek, Radek Lučan und Michal Porteš von der Karls Universität in Prag.

Quelle: Universität Wien (idw)

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