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Kein Frost mehr: Der nukleare Winter wird wärmer, sagen Forscher

Archivmeldung vom 12.08.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.08.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Symbolbild
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Bild: Eigenes Werk /OTT

Das Schreckgespenst des nuklearen Winters scheint der Vergangenheit anzugehören ‒ nach neuesten Forschungsergebnissen wäre die Abkühlung infolge eines atomaren Schlagabtausches gar nicht so dramatisch, langanhaltend und zerstörerisch. Dies berichtet das Magazin "RT DE".

Weiter berichtet RT DE: "Als sowjetische und US-amerikanische Wissenschaftler im 20. Jahrhundert der Welt das Konzept des nuklearen Winters vorstellten ‒ einer abrupten Abkühlung, die auf starke Atomexplosionen folgen würde, wenn die Großmächte ihre Atomwaffenarsenale aktivieren ‒, hatte dies eine überwältigende Wirkung. Und der Schock dieser wissenschaftlichen Entdeckung führte zu einem Überdenken der Nuklearkonzepte und zu der Bereitschaft, die Atomwaffenarsenale gegenseitig zu reduzieren. 

Nun sind Wissenschaftler zu dem Schluss gekommen, dass alles anders kommen und der nukleare Winter eher warm sein wird.

Zum ersten Mal wurde über die Auswirkungen von Kernexplosionen auf das Klima zu Beginn des Kalten Krieges nachgedacht, schreibt Gazeta.ru. Seitdem gab es unter Wissenschaftlern regelmäßig Diskussionen darüber, ob Nuklearexplosionen eine Eiszeit auslösen könnten, die jedoch von dem amerikanischen Astrophysiker Carl Sagan in den frühen 1980er Jahren auf ein neues Niveau gebracht wurden. Die Zeitung erklärt:

"Seiner Modellrechnung zufolge würden bei einem Schlagabtausch von Nuklearwaffen mit einer Gesamtleistung von 5.000 Megatonnen oder mehr Staub und Rauch die Sonne verdecken und die Abkühlung würde sehr schnell erfolgen. Geht man von einer durchschnittlichen hemisphärischen Temperatur von 13 Grad aus, könnte sie drei Wochen nach den Explosionen auf -23 Grad fallen. Das ist viel kälter als die Eiszeit in der Steinzeit und klingt wirklich nach einem Weltuntergangsszenario. Die Minustemperaturen dürften etwa zwei bis drei Monate anhalten, und eine vollständige Rückkehr zur Ausgangstemperatur ist nicht einmal am Tag 300 zu erwarten."

Auch der brillante sowjetische Physiker Wladimir Alexandrow ging in eine ähnliche Richtung. Er erstellte ein mathematisches Modell des Atomkriegs und kam zu dem Schluss, dass die Menschheit selbst dann aussterben würde, wenn nur ein Drittel des Atomwaffenarsenals eingesetzt würde. Sein Modell war weltweit einmalig und sehr genau ‒ seine Richtigkeit wurde sogar vom Pentagon bestätigt.

Alexandrows mathematisches Modell des "nuklearen Winters" besagt, dass selbst ein Drittel der den Konfliktparteien zur Verfügung stehenden Sprengladungen ausreichen würde, um so viel Ruß in die obere Atmosphäre aufsteigen zu lassen, dass das Sonnenlicht die Erdoberfläche viele Monate lang nicht mehr erreichen würde. Die Temperaturen würden unter den Nullpunkt sinken und das Klima würde sich so stark verändern, dass es nie wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehren würde. Alle lebenden Arten werden rasch aussterben. Alexandrow glaubte, dass sich die Biosphäre der Erde nach einem nuklearen Winter nie wieder erholen würde. Die Zeitung Argumenty i fakty erzählt:

"Im Oktober des Jahres 1983 stellte Alexandrow die Ergebnisse seiner Arbeit auf einer Sonderkonferenz in Washington vor. Nicht nur Wissenschaftler waren schockiert. Die Weltpresse schrieb vom 'nuklearen Winter' als einer schrecklichen Zukunft für die Menschheit. Die Anti-Kriegs-Bewegung verstärkte sich und Hunderttausende neuer Mitglieder traten ihr in verschiedenen Ländern bei."

Allerdings konnten die Thesen in der Praxis noch nicht verifiziert werden. Gazeta.ru schreibt:

"Bei der Modellierung der Folgen eines Atomkonflikts haben Wissenschaftler keine andere Wahl, als sich auf Annahmen zu verlassen. Die aktuellen Klimamodelle, die die Auswirkungen von Aerosolen und Ruß auf das Klima beschreiben, gelten als zuverlässig und genau. Damit die Schlussfolgerungen jedoch korrekt sein können, muss die richtige Menge an Ruß in verschiedenen Höhen berücksichtigt werden. Dazu muss man wissen, wie viel Partikelmasse durch Stadtbrände in die Stratosphäre aufsteigen wird. Zuvor wiederum muss man herausfinden, wie viele Städte bombardiert werden und wie gut sie brennen. Apropos, werden die Städte überhaupt bombardiert? Im Gegenteil, es ist logisch, dass das primäre Ziel in einem Atomkrieg das gegnerische Arsenal an Atombomben sein würde. Brennende Raketensilos, Flugplätze, Militärbasen und Truppenstellungen sind offensichtlich nicht in der Lage, die für einen nuklearen Winter erforderliche Rauchmenge zu erzeugen."

Wenn die Städte tatsächlich brennen werden, kann jedoch noch niemand genau vorhersagen, wie dies geschehen wird. Eine Theorie besagt zum Beispiel, dass eine nukleare Explosion brennbares Material unter den Trümmern von Gebäuden verdeckt ‒ was einen Feuersturm wie in Hiroshima in einer modernen Stadt kaum möglich macht. Das brennbare Material würde also in "Zellen" ‒ Zimmer, Wohnungen, Häuser und so weiter ‒ aufgeteilt werden. Zellen, die durch nicht brennbare Stein-, Beton- und Stahlbetontrennwände voneinander isoliert sind.

Der endgültige Beweis dafür könne jedoch entweder durch ein Experiment in großem Maßstab oder durch ein "vollwertiges Multifaktormodell eines Stadtbrandes" erbracht werden, so Gazeta.ru.

Im Allgemeinen haben die Forscher das Modell, das eine apokalyptische Abkühlung um 20-30 Grad vorhersagte, längst aufgegeben, so die Zeitung. Die Berechnungen eines der Forschungsteams aus dem Jahr 2019 zeigen: Die durchschnittliche globale Landtemperatur sollte um 4-8 Grad und die der gesamten Erde um 2-5 Grad als Folge eines Atomkriegs fallen. "Das ist vergleichbar mit der Eiszeit in der Steinzeit", betonen die Autoren von Gazeta.ru, "aber ein solcher nuklearer Winter wird etwa ein Dutzend Jahre dauern."

Die Experten des Labors in Los Alamos, wo die US-amerikanischen Atomwaffen entwickelt wurden, sind hingegen mit dem Konzept des nuklearen Winters gar nicht einverstanden. Im Jahr 2018 führten sie mithilfe komplexer Berechnungen und Modelle eine virtuelle Bombardierung eines Vorortes von Atlanta durch und stellten fest, dass nur ein kleiner Teil des Rußes tatsächlich in der Stratosphäre landet. "Daher tritt der nukleare Winter in dem Modell nicht auf. Die globale Abkühlung ist im Durchschnitt auf ein halbes Grad begrenzt und wird hauptsächlich die Regionen um den Polarkreis betreffen, obwohl dieser Effekt innerhalb von fünf Jahren abklingen wird", so das Fazit von Gazeta.ru."

Quelle: RT DE

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