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TU Berlin: Die Verschmelzung von realen und virtuellen Räumen

Archivmeldung vom 09.06.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.06.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Smartphone Bild: pixelio.de/Lupo
Smartphone Bild: pixelio.de/Lupo

Am 14. Juni 2018 ist die offizielle Eröffnungsfeier des neuen Sonderforschungsbereichs (SFB) „Re-Figuration von Räumen“ an der TU Berlin. Am Fachgebiet „Technik- und Innovationssoziologie“ von Prof. Dr. Ingo Schulz-Schaeffer steckt ein Teilprojekt dieses SFBs bereits mitten in der Forschung: „Lokative Medien: Inklusion und Exklusion in öffentlichen Räumen“ (LoMUS). Das Teilprojekt befasst sich mit standortbezogenen, das heißt lokativen Medien und deren Auswirkungen auf die Wahrnehmung und Nutzung von öffentlichen Räumen.

„Durch die verstärkte Nutzung von Smartphone-Apps kommt es immer häufiger zu einer Verschmelzung von materiellen, also realen, und virtuellen Kommunikationsräumen“, erklärt Dr. Eric Lettkemann, Projektmitarbeiter von LoMUS. Der Begriff lokative Medien kommt aus dem Englischen (locative media). Er beschreibt mobile Endgeräte, die mithilfe von Apps ihren eigenen Standort erfassen und Online-Informationen zu diesem Standort liefern. Ein einfaches Beispiel ist die App ,Google Maps‘, die es Smartphone-Nutzern ermöglicht, verschiedenste Informationen zu ihrem aktuellen Aufenthaltsort abzurufen. „Diese auf den städtischen Raum bezogenen Apps führen zu einer zunehmenden Verschmelzung von öffentlichen und privaten Informationen: So können sowohl Restaurants als auch private Bewertungen über diese Apps angezeigt werden. Sogar Informationen, welche meiner Freunde sich dort gerade aufhalten, sind abrufbar“, beschreibt Dr. Lettkemann die jüngere Entwicklung.

Seine Forschungsgruppe konzentriert sich darauf zu untersuchen, ob durch lokative Medien eher Inklusions- oder Exklusionsprozesse verstärkt werden: „Entstehen durch solche digitalen Anwendungen neue Begegnungsräume und neue Gelegenheiten, soziale Kontakte zu knüpfen? Kommt es zur Bildung kleiner, ortsbezogener Öffentlichkeiten? Entsteht mehr Partizipation in Nachbarschaften, die vorher eher anonym waren? Oder tritt das genaue Gegenteil ein? Das würde bedeuten, dass die soziale Segregation verschärft wird: Die Nutzer leben verstärkt in ihrem eigenen kleinen privaten Kosmos. Die Welt wird diesen Nutzern nur noch als eine personalisierte und auf sie zugeschnittene Teilmenge der realen Welt präsentiert. Die soziale Filterblase des Einzelnen wird undurchlässiger. Wenn überhaupt noch soziale Kontakte stattfinden, dann nur noch mit bekannten oder ähnlichen Menschen. In der Literatur findet man bislang Hinweise zu beiden Auswirkungen“, skizziert Dr. Lettkemann das Forschungsfeld. Der Techniksoziologe studierte an der TU Berlin, arbeitete danach drei Jahre an einem Forschungsprojekt an der Uni Bremen, bevor er Anfang des Jahres an die TU Berlin zurückkehrte.

Der Soziologe führt dazu vor allem qualitative Interviews mit sogenannten „Heavy usern“ (Vielnutzern) solcher Apps durch: „Das sind in der Regel junge, gebildete Erwachsene, zu denen wir hier an der Universität einen guten Zugang haben. Wir arbeiten noch nicht repräsentativ, sondern wollen zunächst typische Nutzungsformen identifizieren. Welche Apps werden wann, wie und von wem, wofür genutzt? Neben den Interviews nutzen wir dazu auch ‚cultural probes‘: Dabei stellen wir den Vielnutzern spezielle Apps zur Verfügung, mit der Auflage, dazu eine Art Tagebuch zu führen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir empirisch erforschen, welche Nutzungsformen wie verbreitet sind oder welche sich durchsetzen.“

Speziell schaut sich Dr. Lettkemann drei Typen von Anwendungen an: Erstens: Apps zum Zweck der Navigation (Beispiel: „Waze“). Zweitens: Apps mit der Möglichkeit zu annotieren (Beispiel: „Foursquare City Guide“, „Yelp“, etc.), also die Möglichkeit GPS-Koordinaten mit kleinen Berichten, Wertungen, Empfehlungen oder Ähnlichem zu verknüpfen, Drittens: Apps, die in der Lage sind, spontan sich eröffnende Gelegenheiten anzubieten (sogenanntes Gelegenheitsmanagement), wie beispielsweise die App „Tinder“, die in der Lage ist, den Standort des Nutzers/der Nutzerin zu erfassen und ihm potenzielle, im persönlichen Umkreis befindliche Flirt-Kontakte anzuzeigen.

„Unsere These ist, dass die tatsächliche Vielfalt der Nutzungsformen und ihre etwaigen in- beziehungsweise exkludierenden Wirkungen derzeit dadurch verschleiert wird, dass der in der Forschung verbreitete Begriff ‚lokative Medien‘ zu generalisierend verwendet wird. Unser Teilprojekt knüpft hier an und strebt danach, die nötige Differenzierungsarbeit auf sowohl begrifflicher wie empirischer Ebene zu leisten. Interessant ist in diesem Zusammenhang natürlich auch, welche Menschen welche Anwendungen parallel nutzen und ob es bei der Nutzung kulturelle Unterschiede gibt. Deshalb forschen wir nicht nur in Berlin, sondern haben Partner in Tokio und New York, wo wir ebenfalls Untersuchungen durchführen werden“, so Dr. Lettkemann.

Quelle: Technische Universität Berlin (idw)

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