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Das VLT weist Leben auf der Erde nach - indem es den Mond beobachtet

Archivmeldung vom 01.03.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 01.03.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Mondsichel mit aschfahlem Mondlicht über dem Paranal-Observatorium der ESO
Quelle: Bild: ESO/B. Tafreshi/TWAN (twanight.org) (idw)
Mondsichel mit aschfahlem Mondlicht über dem Paranal-Observatorium der ESO Quelle: Bild: ESO/B. Tafreshi/TWAN (twanight.org) (idw)

Astronomen ist es gelungen, durch eine Beobachtung des Mondes mit dem Very Large Telescope der ESO einen belebten Planeten im Universum zu entdecken - unsere Erde. Leben auf unserem Heimatplaneten nachzuweisen klingt auf den ersten Blick trivial, aber das hier vorgestellte, von einem internationalen Wissenschaftlerteam entwickelte Verfahren könnte helfen, in Zukunft auch anderswo im Universum Leben zu entdecken. Die Studie erscheint am 1. März 2012 in der Fachzeitschrift Nature.

“Wir haben einen Trick angewendet – die Beobachtung des aschfahlen Mondlichts – um die Erde so zu untersuchen, wie wir Exoplaneten untersuchen würden”, erklärt Michael Sterzik von der ESO, der Erstautor der Studie [1]. “Ein Teil des Sonnenlichts, mit dem die Erde beleuchtet wird, wird zurück ins Weltall reflektiert und trifft auf den Mond. Die Mondoberfläche wirkt dann wie ein riesiger Spiegel, der das Licht wieder zurück in unsere Richtung wirft. Dieses schwache Licht haben wir mit dem VLT untersucht.”

Die Astronomen suchten im aschgrauen Mondlicht nach eindeutigen Anzeichen für organisches Leben, etwa nach bestimmten relativen Häufigkeiten von Gasen in der Erdatmosphäre [2]. So lassen sich an unserem Heimatplaneten Verfahren ausprobieren, wie sie Astronomen in Zukunft auch für die Suche nach Leben auf Exoplaneten einsetzen möchten.

Biosignaturen – die Fingerabdrücke des Lebens – lassen sich mit herkömmlichen Methoden nur schwer aufspüren. Das Team setzte daher erstmals ein neues, empfindlicheres Verfahren ein, bei dem nicht nur die Intensität des reflektierten Lichts bei verschiedenen Wellenlängen, sondern auch seine Polarisation untersucht wird [3]. Diese Methode wird als Spektropolarimetrie bezeichnet. Bei der Beobachtung des aschfahlen Mondlichts mit dem VLT waren die Biosignaturen auf diese Weise deutlich nachweisbar.

Stefano Bagnulo vom Armagh Observatory in Nordirland, ein Koautor der Studie, erläutert die Vorteile der neuen Methode: "Das Licht eines fernen Exoplaneten wird vom Licht seines Sterns stark überstrahlt. Es ist daher ausnehmend schwierig, es zu analysieren – das Problem ähnelt dem Versuch, ein Staubkorn direkt neben einer hellen Glühbirne zu beobachten. Im Gegensatz zum direkten Licht des Zentralgestirns ist das vom Planeten reflektierte Licht allerdings polarisiert. Polarimetrische Verfahren können uns deswegen helfen, das von einem Exoplaneten reflektierte Licht aus dem blendend hellen Sternlicht herauszufiltern."

Für die hier beschriebene Studie untersuchten die Astronomen die Farbe und den Polarisationsgrad des Lichtes der Erde, nachdem es vom Mond zurückgeworfen wurde – gerade so, als handle es sich um das Licht eines Exoplaneten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Erde teilweise von Wolken bedeckt ist, dass ein Teil der Erdoberfläche von Ozeanen bedeckt ist, und – als entscheidenden Nachweis für Leben – dass auf unserem Planeten Vegetation existiert. Es gelang den Forschern sogar, Unterschiede im Wolken-Bedeckungsgrad und im Ausmaß der Vegetation nachzuweisen, je nachdem, von welchen Teilen der Erdoberfläche das in Richtung Mond reflektierte Licht jeweils stammte.

“Unsere Chancen, Leben außerhalb unseres Sonnensystems zu finden, hängen von zwei Faktoren ab: Erstens natürlich davon, ob solches Leben überhaupt existiert, und zweitens davon, ob wir die technischen Fähigkeiten besitzen, solches Leben nachzuweisen”, fügt Koautor Enric Palle vom Instituto de Astrofisica de Canarias auf Teneriffa (Spanien) hinzu. “Diese Studie ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu den nötigen technischen Fähigkeiten.”

"Die Spektropolarimetrie könnte uns seines Tages verraten, ob einfaches, auf Photosynthese basierendes pflanzliches Leben auch noch irgendwo anders im Universum entstanden ist", schließt Sterzik. “Nach kleinen grünen Männchen oder nach intelligentem Leben suchen wir freilich nicht.”

Die nächste Generation von Teleskopen, darunter das European Extremely Large Telescope (E-ELT), könnte durchaus in der Lage sein, die bedeutende Frage zu klären, ob die Erde der einzig belebte Ort im Universum ist.

Endnoten

[1] Das aschgraue oder aschfahle Mondlicht, manchmal auch als Erdschein bezeichnet, ist bereits mit bloßem Auge leicht zu sehen und bietet im Fernglas einen spektakulären Anblick. Am besten lässt es sich beobachten, wenn der Mond etwa drei Tage vor oder nach Neumond als schmale Sichel erscheint. Neben der hellen Sichel ist dann auch der Rest der Mondscheibe sichtbar, schwach beleuchtet durch die zu jenem Zeitpunkt hell vom Mondhimmel scheinende Erde.

[2] Die häufigsten durch biologische Aktivität produzierten Gase in der Erdatmosphäre sind Sauerstoff, Ozon, Methan und Kohlendioxid. Alle diese Stoffe können aber auch in der Atmosphäre eines komplett unbelebten Planeten auftreten. Als Biosignatur hingegen gilt das gleichzeitige Auftreten dieser Gase mit relativen Häufigkeiten, die nur durch die Anwesenheit von Leben erklärt werden können. Würde das Leben plötzlich verschwinden und dementsprechend auch keine Gase mehr produzieren, dann würden die relativen Häufigkeiten durch chemische Reaktionen vergleichsweise rasch zu den für unbelebte Planeten charakteristischen Häufigkeiten zurückkehren – und entsprechend würden die charakteristischen Biosignaturen verschwinden.

[3] Bei polarisiertem Licht haben die elektrischen und magnetischen Felder, aus denen Licht besteht, eine spezielle Orientierung. Bei unpolarisiertem Licht dagegen haben die Orientierungen der Felder keine bevorzugte Richtung, sondern sind zufällig verteilt. Manche 3D-Kinos nutzen polarisiertes Licht: Verschiedene Bilder werden mit unterschiedlich polarisiertem Licht projiziert und dann durch Polarisationsfilter in speziellen Brillen jeweils nur zum linken oder rechten Auge der Zuschauer durchgelassen. Die Autoren der hier vorgestellten Studie nutzten einen speziellen Betriebsmodus des FORS2-Instruments am VLT, um die Polarisation zu messen.

Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie (idw)

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