Der Schwerpunkt der Erde
Archivmeldung vom 02.02.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDass die Erde keine Scheibe sondern eine Kugel ist, weiß heute jedes Kind. Dabei hat die Form unseres Heimatplaneten mit der ebenmäßigen Gestalt einer Kugel nur wenig gemein: Dellen und Beulen überziehen ihre Oberfläche und so vergleichen Geowissenschaftler die Erde auch gern einmal mit einer Kartoffel.
Ursache für die Deformation sind Unterschiede in der Erdanziehungskraft. "Durch
die unregelmäßige Verteilung von Massen variieren die Anziehungskräfte das
Schwerefeld der Erde", erläutert Prof. Dr. Gerhard Jentzsch von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte
Geophysik und seine Kollegin, Prof. Dr. Corinna Kroner, wollen in einem gerade
gestarteten Forschungsprojekt die Massenverteilung im System Erde jetzt genauer
unter die Lupe nehmen.
Denn die Masse ist nicht nur unregelmäßig
verteilt, sondern auch ständig in Bewegung. "So verteilen sich beispielweise
Grundwasser und Bodenfeuchte stetig um, aber auch wenn Gletschereis schmilzt
oder Wasser aus Seen oder Ozeanen verdunstet. Zu Massenverlagerungen kommt es
ebenfalls durch Erdbeben, Vulkanausbrüche oder die Bewegung der
Kontinentalplatten", weiß Prof. Kroner. Die Juniorprofessorin für Angewandte
Geophysik und Schwerefeldänderungen an der Universität Jena koordiniert das
Projekt, das sich in das Schwerpunktprogramm der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) "Massentransporte und Massenverteilung im System
Erde" eingliedert. Mit den bewilligten Mitteln für das Forschungsvorhaben werden
in den kommenden zwei Jahren drei Stellen für Doktoranden finanziert, von der
eine Stelle in Jena angesiedelt ist.
Um die Veränderungen der
Massenverteilung in der Erde zu messen, nutzen die Geophysiker aus Jena
gemeinsam mit Kollegen des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie in
Frankfurt/M. und dem GeoForschungsZentrum Potsdam sowohl Satellitendaten als
auch bodengestützte Messungen. "Da das Schwerefeld der Erde die Bahnen von
Satelliten beeinflusst, erlaubt die Vermessung ihrer Bahnen Rückschlüsse über
das Schwerefeld", so Prof. Jentzsch. "Allerdings steht eine Überprüfung der
Signale mit terrestrischen Beobachtungen noch aus." Deshalb sei der zeitliche
und räumliche Vergleich mit bodengestützten Schwerefeldmessungen
unerlässlich.
Insbesondere das Geodynamische Observatorium Moxa der Universität Jena sowie die deutschen Stationen des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie sollen die dafür notwendigen Daten von der Erdoberfläche liefern. "Unser supraleitendes Gravimeter ist ein wichtiger Teil in dieser Untersuchung, da es als ein Punkt des Europäischen Geodätischen Referenznetzes sowohl über eine permanente GPS-Station verfügt als auch seitens der Projektpartner regelmäßig mit Absolutgravimetern besucht wird", schätzt Prof. Jentzsch ein. Von den Ergebnissen erhoffen sich die Forscher zu einer Verbesserung der Modelle zur Wasserverteilung im Untergrund sowie zu deren zeitlicher Veränderung beizutragen. Diese könnten schließlich auch in Modelle zur Berechnung von Klimaveränderungen münden.
Quelle: Pressemitteilung Informationsdienst Wissenschaft e.V.