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Materie-Rätsel bleibt weiter spannend: Fundamentale Eigenschaft von Proton und Antiproton identisch

Archivmeldung vom 21.10.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.10.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
BASE-Experiment am Antiprotonen-Entschleuniger am CERN in Genf: Zu sehen ist die Kontrollperipherie, der supraleitende Magnet, in dem sich die Penningfalle befindet, und das Antiproton-Transfer-Strahlrohr.
BASE-Experiment am Antiprotonen-Entschleuniger am CERN in Genf: Zu sehen ist die Kontrollperipherie, der supraleitende Magnet, in dem sich die Penningfalle befindet, und das Antiproton-Transfer-Strahlrohr.

Foto/©: Stefan Sellner, Fundamental Symmetries Laboratory, RIKEN, Japan

Die Suche geht weiter. Noch immer wurde kein Unterschied zwischen Protonen und Antiprotonen gefunden, der die Existenz von Materie in unserem Universum erklären könnte. Dabei ist es Physikern der BASE-Kollaboration am Forschungszentrum CERN gelungen, die magnetische Kraft von Antiprotonen mit einer fast unglaublichen Genauigkeit zu messen. Doch auch diese Daten geben keinen Aufschluss darüber, weshalb sich im frühen Universum Materie gebildet hat, denn eigentlich hätten sich Teilchen und Antiteilchen komplett vernichten müssen.

Die neuesten BASE-Messungen zeigen stattdessen eine große Übereinstimmung zwischen Protonen und Antiprotonen und bestätigen das Standardmodell der Teilchenphysik. Weltweit sind Wissenschaftler mit unterschiedlichen Methoden auf der Suche nach einem Unterschied und sei er auch noch so klein. Das Materie-Antimaterie-Ungleichgewicht im Universum gilt als eines der größten Rätsel in der Physik.

Die BASE-Kollaboration am europäischen Forschungszentrum CERN besteht aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des japanischen Forschungszentums RIKEN, des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), der Universität Tokio, der GSI Darmstadt, der Universität Hannover und der PTB Braunschweig. Die BASE-Forscher vergleichen die fundamentalen Eigenschaften von Protonen und Antiprotonen mit höchster Präzision, in der vorliegenden Studie das magnetische Moment, das man sich etwa wie einen Miniatur-Stabmagneten vorstellen kann. Gemessen wird der sogenannte g-Faktor, der die magnetische Feldstärke angibt. "Die Frage ist praktisch, ob das Antiproton genauso magnetisch ist wie das Proton", erklärt Stefan Ulmer, Sprecher der BASE-Gruppe. "Das ist das Rätsel, dem wir auf der Spur sind."

Die BASE-Gruppe hatte dazu bereits im Januar dieses Jahres für das Antiproton eine hochgenaue Messung des g-Faktors veröffentlicht, die nun noch übertroffen wird. Mit der jetzigen Hochpräzisionsmessung wurde der g-Faktor auf neun signifikante Stellen genau bestimmt. Das ist in etwa so, als ob man den Erdumfang mit einer Genauigkeit von vier Zentimetern bestimmen wollte. Der Wert von 2,7928473441(42) ist 350-mal genauer als das im Januar publizierte Ergebnis. "Diese Steigerung in einer so kurzen Zeit war nur dank einer komplett neuen Methode möglich", so Ulmer. Dazu haben die Wissenschaftler erstmals zwei Antiprotonen verwendet und sie mit zwei Penningfallen analysiert.

Antiprotonen bis zur Analyse ein Jahr lang gespeichert

Antiprotonen werden am CERN künstlich erzeugt und von den Forschern für Versuche in einer Reservoirfalle gespeichert. Die Antiprotonen für das jetzige Experiment stammten aus dem Jahr 2015 und wurden zwischen August und Dezember 2016 vermessen – auch dies eine kleine Sensation, da eine so lange Antimaterie-Speicherzeit bislang noch nicht dokumentiert ist. Normalerweise würden Antiprotonen in kürzester Zeit in Kontakt mit Materie annihilieren, beispielsweise in der Raumluft. Die Speicherung erfolgte für 405 Tage in einem Vakuum, das zehnmal weniger Teilchen enthielt als der interstellare Raum. Insgesamt wurden 16 Antiprotonen verbraucht, die teilweise auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt bei minus 273 Grad Celsius gekühlt wurden.

Das neue Prinzip beruht auf dem Zusammenspiel von zwei Penningfallen. Solche Fallen halten die Antiprotonen durch elektrische und magnetische Felder fest. Die bisherigen Messungen waren durch eine starke magnetische Inhomogenität in der Analysefalle limitiert. Um diese Schranke zu durchbrechen, fügten die Wissenschaftler eine zweite Falle mit einem Magnetfeld hoher Homogenität hinzu. "Damit haben wir eine Methode angewendet, die an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz entwickelt wurde und die Messungen mit höherer Präzision ermöglicht", erklärt Ulmer. "Diese Messung mit Antiprotonen zum Laufen zu bringen ist extrem schwierig und wir haben seit zehn Jahren daran gearbeitet. Der schlussendliche Durchbruch ist uns durch die bahnbrechende Idee, die Messung mit zwei Teilchen durchzuführen, gelungen." Gemessen werden die Larmorfrequenz und die Zyklotronfrequenz, aus denen sich der g-Faktor ergibt.

Der so ermittelte g-Faktor für das Antiproton wird mit dem g-Faktor des Protons verglichen, den die BASE-Forscher 2014 mit der bislang höchsten Genauigkeit ermittelt haben – ohne dass ein Unterschied zwischen den beiden zu finden ist. Diese Übereinstimmung stellt eine Bestätigung der CPT-Symmetrie dar, wonach im Universum eine fundamentale Symmetrie zwischen Teilchen und Antiteilchen besteht. "In all unseren Beobachtungen verhalten sich Materie und Antimaterie komplett symmetrisch, weshalb es das Universum so gar nicht geben dürfte", so Christian Smorra, Erstautor der Studie. "Ganz offensichtlich besteht aber eine Asymmetrie, wir verstehen nur den Unterschied nicht. Woher kommt diese Symmetriebrechung?"

Die Motivation der BASE-Wissenschaftler ist es nun, durch noch genauere Messungen der Eigenschaften sowohl des Protons als auch des Antiprotons eine Antwort auf diese Frage zu finden. Die BASE-Kollaboration will dazu in den nächsten Jahren weitere innovative Methoden entwickeln und das jetzige Ergebnis noch toppen.

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz (idw)

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