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Seife aus Sand: Wissenschaftler der Uni Kassel entwickeln neuartiges umweltfreundliches Tensid

Archivmeldung vom 16.07.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.07.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Prof. Dr. Rudolf Pietschnig.
Quelle: Foto: Uni Kassel. (idw)
Prof. Dr. Rudolf Pietschnig. Quelle: Foto: Uni Kassel. (idw)

Es klingt wie ein Zaubertrick: Eine Forschungsgruppe der Universität Kassel hat auf Basis von gewöhnlichem Quarzsand eine neuartige Klasse von Tensiden entwickelt. Der Stoff kann in Seifen oder Waschmitteln zum Einsatz kommen und hat gegenüber herkömmlichen Produkten eine Reihe von Vorteilen.

Der Stoff hat einen komplizierten Namen, aber er hat, was es im Haushalt braucht: Das „silanol-basierte Tensid“, das Wissenschaftler der Universität Kassel entwickelt haben, vereint wie herkömmliche Tenside Flüssigkeiten, die eigentlich nicht mischbar sind, und löst so beispielsweise das Öl von der Küchenschürze im Wasser der Waschmaschine. „Unser silanol-basiertes Tensid reduziert die Oberflächenspannung von Wasser in vergleichbarem Maße wie andere bekannte Tenside“, erklärt Prof. Dr. Rudolf Pietschnig, Leiter des Fachgebiets Chemische Hybridmaterialien an der nordhessischen Hochschule. Damit könnte der Stoff im Prinzip zukünftig als Kernbestandteil von Waschmitteln, Seifen, Spülmitteln und anderen Detergenzien zum Einsatz kommen.

Im Gegensatz zu phosphathaltigen Waschmitteln ist das neuartige Tensid für die Umwelt unschädlich, wie Pietschnig erläutert: „Insbesondere führt er über das Abwasser nicht zur Eutrophierung von Gewässern“, also zur Anreicherung mit Nährstoffen, die in einem vermehrten Wachstum von Algen und anderen Pflanzen resultiert und Gewässer „umkippen“ lassen kann. Zudem haben Tests ergeben, dass das Tensid für menschliche Zellen ungiftig ist. Die Neuentwicklung hat aber noch einen weiteren Vorteil: „Die Ausgangsstoffe lassen sich aus gewöhnlichem Quarzsand herstellen“, so der Wissenschaftler, „der wiederum aus den zwei häufigsten chemischen Elementen der Erdkruste besteht und daher als Ressource so schnell nicht knapp werden dürfte.“

„Infrastruktur zur industriellen Produktion ist in Deutschland vorhanden“

Bis aus dem Sand ein Tensid wurde, waren mehrere Verarbeitungsschritte nötig: Industriell wird der Sand zunächst zu Silicium reduziert und dann mittels Direktsynthese zu Organosiliciumverbindungen weiter umgesetzt, ganz wie bei der Silikonherstellung. Der entscheidende Schritt war dann die Synthese zu einer besonders stabilen Variante von dabei auftretenden Zwischenprodukten, eines sogenannten Silantriols. Dabei handelt es sich um ein Molekül, bei dem sich drei OH-Gruppen um ein Siliciumatom gruppieren und an eine vierte Stelle ein organischer Bestandteil angedockt wird. Pietschnigs Forschungsgruppe baute den Stoff so um, dass er stabil genug ist, um sich nicht von selbst zu verändern, zugleich aber geeignet ist, um Fett in Wasser zu lösen. „Silantriole werden eigentlich seit rund 50 Jahren recht intensiv untersucht“, berichtet Pietschnig. „Offenbar hatte aber noch niemand daran gedacht, daraus ein Tensid herzustellen.“ Das sei einerseits durchaus überraschend, so Pietschnig, „andererseits war die Synthese auch nicht ganz einfach.“ Die Ergebnisse veröffentlichten Pietschnig und seine Mitarbeiterin Dr. Natascha Hurkes vom Institut für Chemie mit einem interdisziplinären Team der Universitäten Kassel (Dr. Malte Bussiek, Institut für Biologie) und Graz im renommierten Fachmagazin „Chemistry“, der Artikel ist soeben online erschienen.

Die Kasseler Forschungsgruppe hat das neue Tensid bislang nur im Labormaßstab hergestellt. Grundsätzlich steht einer industriellen Produktion in Deutschland aber nichts im Wege: „Die Infrastruktur wäre prinzipiell vorhanden, da deutsche Unternehmen traditionell bei der Organosiliciumchemie gut aufgestellt sind. Bei der Herstellung von Silikonen treten Silanole normalerweise als instabile Zwischenprodukte auf“, so Pietschnig. Allerdings stehen für eine wirtschaftliche Umsetzung noch Prozessoptimierungen für den industriellen Maßstab aus. Der nachhaltige Charakter derartiger Materialien wird klar, wenn man sich vor Augen führt, dass sie in der Umwelt oder bei der Verbrennung in der Regel einfach wieder in SiO2, CO2 und Wasser umgewandelt werden.

Quelle: Universität Kassel (idw)

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