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Die süßeste Rechenmaschine der Welt

Archivmeldung vom 21.06.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.06.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Chemiker Martin Elstner von der Universität Jena hat mit Kollegen einen molekularen Rechner auf Zuck
Quelle: Foto: Jan-Peter Kasper/FSU (idw)
Chemiker Martin Elstner von der Universität Jena hat mit Kollegen einen molekularen Rechner auf Zuck Quelle: Foto: Jan-Peter Kasper/FSU (idw)

In einem Chemie-Labor an der Friedrich-Schiller-Universität Jena: An einer rechteckigen Kunststoffplatte mit 384 kleinen Vertiefungen arbeitet Prof. Dr. Alexander Schiller. Der Chemiker pipettiert vorsichtig einige Tropfen Zuckerlösung in eine Reihe der winzigen Reaktionsgefäße. Sobald die Flüssigkeit sich mit dem Inhalt der Gefäße vermischt hat, beginnt es in einigen Vertiefungen grün zu fluoreszieren.

Chemiker der Universität Jena nutzen fluoreszierende Zuckersensoren zum rechnen. Ihren "Zucker-Compu
Quelle: Foto: Jan-Peter Kasper/FSU (idw)
Chemiker der Universität Jena nutzen fluoreszierende Zuckersensoren zum rechnen. Ihren "Zucker-Compu Quelle: Foto: Jan-Peter Kasper/FSU (idw)

Was der Juniorprofessor für Photonische Materialien hier stark vereinfacht per Hand betreibt, könnte man als den „süßesten Computer der Welt“ bezeichnen. Denn: die Zuckermoleküle, mit denen Schiller arbeitet, sind Bestandteil einer chemischen Anordnung zur Informationsverarbeitung.

Wie der Chemiker von der Universität Jena und seine beiden Doktoranden Martin Elstner und Jörg Axthelm soeben in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Angewandte Chemie International Edition“ schreiben, haben sie einen molekularen Rechner auf Zuckerbasis entwickelt (DOI: 10.1002/anie.201403769). „Die binäre Logik, nach der ein konventioneller Computerchip arbeitet, basiert auf einfachen Ja-/Nein-Entscheidungen“, erklärt Prof. Schiller. „Entweder es fließt ein Strom zwischen zwei Punkten eines elektrischen Leiters oder nicht.“ Diese Spannungsunterschiede werden in „0“ und „1“ codiert und lassen sich mittels logischer Gatter – der Booleschen Operatoren wie UND, ODER, NICHT – miteinander verknüpfen. Auf diese Weise sind eine Vielzahl unterschiedlicher Ausgangssignale und komplexer Schaltungen möglich.

Diese logischen Verknüpfungen lassen sich aber auch mit Hilfe von chemischen Substanzen realisieren, wie die Jenaer Chemiker nun gezeigt haben. Für ihren „Zucker-Computer“ nutzen sie mehrere Komponenten: Einen fluoreszierenden Farbstoff und einen sogenannten Fluoreszenzlöscher. „Liegen beide Komponenten vor, so kann der Farbstoff seine Wirkung nicht entfalten und wir sehen kein Fluoreszenzsignal“, so Schiller. Kommen jedoch Zuckermoleküle ins Spiel, reagiert der Fluoreszenzlöscher mit dem Zucker und verliert so seine Fähigkeit, das Fluoreszenzsignal zu unterdrücken, was den Farbstoff zum Fluoreszieren bringt. Je nachdem ob Farbstoff, Fluoreszenzlöscher und Zucker als Signalgeber vorliegen, resultiert ein Fluoreszenzsignal – „1“ – oder kein Signal – „0“.

„In unserem Rechner verknüpfen wir chemische Reaktionen mit Computeralgorithmen, um komplexe Informationen zu verarbeiten“, sagt Martin Elstner. „Wird ein Fluoreszenzsignal registriert, gibt der Algorithmus vor, was als nächstes in das Reaktionsgefäß pipettiert werden soll.“ Auf diese Weise werden die Signale nicht, wie im Computer in einen Stromfluss, sondern einen Materiefluss übersetzt und verarbeitet.

Dass ihre chemische Rechenplattform funktioniert, haben Schiller und seine Mitarbeiter in der vorliegenden Studie am Beispiel der Rechenaufgabe 10 + 15 demonstriert. „Rund 40 Minuten hat unser Zucker-Computer dafür gebraucht, aber das Ergebnis war richtig“, sagt Prof. Schiller schmunzelnd und stellt klar: „Unser Ziel ist es nicht, eine chemische Konkurrenz zu gängigen Computerchips zu entwickeln.“ Eher sieht der Chemiker die Einsatzmöglichkeiten der Rechenplattform im Bereich der medizinischen Diagnostik. So sei es beispielsweise denkbar, die chemische Analyse mehrerer Parameter aus Blut- oder Urinproben über die molekularlogische Plattform zu einer finalen Diagnose zu verknüpfen und damit Therapieentscheidungen zu ermöglichen.

Quelle: Friedrich-Schiller-Universität Jena (idw)

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