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Neue Nature-Studie: Rätsel um schnelle Klimawechsel während der letzten Eiszeit gelöst?

Archivmeldung vom 19.08.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.08.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Abbildung A: Die Nordhalbkugel im „Stadial“ (Kaltphasen)
Quelle: Alfred-Wegener-Institut (idw)
Abbildung A: Die Nordhalbkugel im „Stadial“ (Kaltphasen) Quelle: Alfred-Wegener-Institut (idw)

Eine Forschergruppe des Alfred-Wegener-Instituts konnte die aus Klimaarchiven bekannten, schnellen Klimawechsel während der letzten Eiszeit erstmals in mehreren Modellläufen nachvollziehen. Überraschendes Ergebnis der neuen Nature-Veröffentlichung: Vermutlich reichten nur geringe Änderungen im Klimasystem, um abrupte Temperatursprünge auszulösen. Die neue Studie ist bereits im Onlineportal der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht und erscheint am kommenden Donnerstag in der Nature-Druckausgabe.

Abbildung B: Die Nordhalbkugel im „Interstadial“ (kurze, warme Zwischenphasen während der Eiszeit)
Quelle: Alfred-Wegener-Institut (idw)
Abbildung B: Die Nordhalbkugel im „Interstadial“ (kurze, warme Zwischenphasen während der Eiszeit) Quelle: Alfred-Wegener-Institut (idw)

Während der letzten Eiszeit waren weite Teile der Nordhalbkugel mit Inlandeis bedeckt und das auf dem Land gespeicherte Wasser sorgte dafür, dass der Meeresspiegel bei maximaler Vergletscherung um bis zu 120 Meter tiefer lag als heute. Wie der junge chinesische Wissenschaftler Xu Zhang, Leitautor der Studie und Doktorand am Alfred-Wegener-Institut, erläutert, gab es die rasanten, in der Fachwelt als „Dansgaard-Oeschger-Ereignisse“ (kurz: „DO-Ereignisse“) bezeichneten Klimaschwankungen allerdings nur in einem Zeitraum von 110.000 bis 23.000 Jahren vor unserer Zeit. „Abrupte Temperatursprünge fanden weder bei den extrem tiefen Meeresspiegeln maximaler Vergletscherung vor etwa 20.000 Jahren statt noch bei hohem Meeresspiegel wie heute. Sie waren auf Zeiten mittleren Eisvolumens und mittlerer Meeresspiegelhöhen begrenzt.“ Die Modellläufe der AWI-Forscher können die aus Eisbohrkernen und Meeressedimenten bekannten Daten der eiszeitlichen Klimageschichte erklären.

So könnten die schnellen Temperaturwechsel bei mittlerer Vereisung der Nordhalbkugel abgelaufen sein (s. Abbildungen auf der Webseite des Alfred-Wegener-Institutes unter: http://bit.ly/1uQmxAe

In der eiszeitlichen Kaltphase („Stadial“) bedeckten riesige Eisschilde den Norden Amerikas und Europas. Starke Nordwestwinde trieben das arktische Meereis bis zur französischen Küste hinunter. Weil der ausgedehnte Eisdeckel auf dem Nordatlantik den Wärmeaustausch zwischen Luft und Meer unterband, fehlte den Meeresströmungen die starke Antriebskraft heutiger Bedingungen. Die Ozeanzirkulation als mächtiges Förderband der Weltmeere war deshalb sehr viel schwächer ausgeprägt als in der Gegenwart und transportierte nur wenig Wärme in den Norden.

In den lang anhaltenden Kaltphasen wuchsen die Eisschilde weiter an. Bei höheren Eisschilden über Nordamerika, wie sie dann in Zeiten mittlerer Meeresspiegelhöhen typisch waren, trennten sich die vorherrschenden Nordwestwinde in zwei Arme auf. Die Hauptwindströmung verlief nördlich des so genannten Laurentidischen Eisschildes und sorgte dafür, dass auch die Meereisgrenze vor der europäischen Küste sich gen Norden verlagerte. Im eisfreien Meer konnte ein Wärmeaustausch zwischen Atmosphäre und Ozean stattfinden. Gleichzeitig trieb der Südarm der nordwestlichen Winde wärmeres Wasser in die eisfreien Bereiche des Nordost-Atlantiks und verstärkte dadurch den Wärmetransport in den Norden zusätzlich. Die veränderten Bedingungen kurbelten die Ozeanzirkulation an. Im Ergebnis führte ein hoher Laurentidischer Eisschild über Nordamerika also zu einer verstärkten Ozeanzirkulation und damit zu einem größeren Wärmetransport Richtung Norden. Das Klima auf der Nordhalbkugel wurde innerhalb weniger Jahrzehnte wärmer („Interstadial“), bevor es aufgrund des dann einsetzenden Gletscherrückgangs über Nordamerika und den erneuten Änderungen der Windverhältnisse wieder abzukühlen begann.

„Mit den Simulationen unseres Klimamodells konnten wir zeigen, dass das Klimasystem auch auf kleine Veränderungen mit abrupten Schwankungen reagieren kann,“ erklärt Professor Gerrit Lohmann, Leiter der AWI-Sektion „Dynamik des Paläoklimas“, die Bedeutung der neuen Studie für die aktuelle Klimadiskussion. „Bei mittleren Meeresspiegelhöhen braucht es keine starken Zwänge von außen, zum Beispiel ein dramatisch beschleunigtes Abschmelzen polarer Eisschilde, damit das Klimasystem ins Schwingen gerät und drastische Wechsel erfährt.“

In der Gegenwart ist die Ausdehnung des arktischen Meereises sehr viel geringer als in der letzten Eiszeit. Gleichzeitig verschwand der Laurentidische Eisschild als wichtigster Taktgeber für die eiszeitliche Ozeanzirkulation. Klimawechsel nach dem Muster der letzten Eiszeit sind unter heutigen Bedingungen also nicht zu erwarten.

„Es gibt offenbar Ausgangssituationen, in denen sich das Klimasystem robuster gegen Änderungen zeigt und solche, unter denen es zu starken Schwankungen neigt,“ so das Fazit von Gerrit Lohmann. „Erdgeschichtlich befinden wir uns derzeit in einer stabileren Phase des Klimasystems, in der die Voraussetzungen, unter denen es während der letzten Eiszeit zu schnellen Temperatursprüngen kam, nicht gegeben sind. Das bedeutet allerdings nicht, dass rasante Klimawechsel künftig grundsätzlich ausgeschlossen sind.“

Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (idw)

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