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Demografischer Wandel Schuld an Altersarmut? Prof. Dr. Gerd Bosbach widerspricht

Archivmeldung vom 17.01.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.01.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Prof. Dr. Gerd Bosbach
Quelle: HS Koblenz (idw)
Prof. Dr. Gerd Bosbach Quelle: HS Koblenz (idw)

2014 auf Platz zwei der Liste der bekanntesten Statistiker des 21. Jahrhunderts zu stehen, ist für Prof. Dr. Gerd Bosbach eine besondere Ehre über die sich ein Vollblut-Statistiker eigentlich freuen dürfte. Bosbach wäre jedoch nicht für sein Buch „Lügen mit Zahlen“ in den letzten Jahren bekannt geworden, wenn er nicht selbst am besten wüsste, wie Statistiken sehr schnell falsch interpretiert werden. „Als Statistiker weiß ich solche Rankings zu bewerten“, sagt Bosbach mit einer Lockerheit die jahrelange Erfahrung erahnen lässt.

Die erste Ausgabe von „Lügen mit Zahlen“ erschien 2011. Gemeinsam mit Jens Korff verfasste Bosbach lustige und leicht verständliche Beispiele zu Kuriositäten in Wirtschaft, Sport und Politik. Da viele Medien begeistert reagierten, schaffte es das Buch schnell in die Bestsellerlisten. Schon der Einstieg lässt schmunzeln: Die kriminellste Stadt der Welt? Wer hier an Metropolen wie New York oder Rio de Janeiro denkt liegt falsch. Die Vatikanstadt führt statistisch gesehen die Liste seit Jahren an. Bosbach und Korff klären diese und andere verblüffende Erkenntnisse der Statistik verständlich auf.

Geboren 1953 in Euskirchen, hat Gerd Bosbach nach dem Mathematik-Diplom im Bereich Statistik an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln promoviert.

Tiefen Einblick in die amtliche Statistik und den Umgang der Politik mit diesen Daten erhielt er bei seiner Tätigkeit im Statistischen Bundesamt, dort vor allem in der Bonner Beratungsstelle, wo er verantwortlich das Finanz- und Wirtschaftsministerium und die wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages beriet. Nach einem Abstecher als Ausbilder von Informatik-Assistenten kehrte er zur Statistik zurück, und zwar in die Abteilung Statistik der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung.

Seit 1999 ist er als Professor tätig, erst an der Fachhochschule Ansbach und seit 2002 am RheinAhrCampus in Remagen, der zur Hochschule Koblenz gehört.

Neben der Lehre in Mathematik, Statistik, Empirische Wirtschafts- und Sozialforschung forscht Bosbach bereits seit Jahren auf den Arbeitsgebieten Demografische Entwicklung, Statistik-Missbrauch, Armut und Reichtum, speziell Altersarmut, angeblicher Fachkräftemangel und volkswirtschaftliche Betrachtungen zur Gesundheitsfinanzierung.

„2013 hatte ich dann das Glück ein ganzes Forschungsfreisemester nehmen zu dürfen, um insbesondere zu den Themen demografischer Wandel und Altersarmut tiefer zu forschen“, erzählt Bosbach.

Seine Ergebnisse sind gefragt und Bosbach präsentierte diese im vergangenen Jahr in Funk und Fernsehen. In Interviews und Artikeln z. B. für die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Rundschau, die ZEIT Wissen u.v.m.

Diverse Fachzeitschriften baten um Stellungnahme. Zum Thema demografischer Wandel und Armut im Alter sagt Bosbach: „Da wird viel Unsinn verbreitet. Wer z.B. glaubt, dass Alterung für Altersarmut verantwortlich ist, sollte mal ins letzte Jahrhundert gucken. Im Schnitt stieg die Lebenserwartung um über 30 Jahre (!), der Anteil der Kinder halbierte sich. Und trotz dieser „schrecklichen demografischen Entwicklung“ wurden Wohlstand und Sozialstaat massiv ausgebaut und Altersarmut verschwand fast völlig! Auch die Daten, die heute für die Zukunft kursieren, lassen keine Dramatik erkennen, wenn man die ‚dummen und bösen Statistiktricks‘ aus den Rechnungen streicht.“

Auch Bosbachs Liste mit Einladungen zu Vorträgen im vergangenen Jahr war lang: Vom NRW-Landtag über den Landschaftsverband Rheinland, den Mathematikertag in Stuttgart bis hin ins Ausland nach Lichtenstein oder auf eine Tagung des Österreichischen Roten Kreuz nach Wien.

„Ich berichte gerne über meine Ergebnisse und versuche den Menschen zu erklären, dass sich Hinterfragen lohnt. Es ist immer wieder erstaunlich wie blind Zahlen und vor allem prozentuale Angaben, geglaubt werden“, so Bosbach.

Auch das Hinterfragen der Wahl zum Zweitplatzierten Statistiker des 21. Jahrhunderts lohnt sich: „Die Ergebnisse beruhen auf der Anzahl der Aufrufe der Wikipedia-Seiten der Statistiker“ schränkt er ein und begründet seine Skepsis: „Wenn wir an der Hochschule Koblenz zum Klicken der Seite auffordern würden, oder noch perfider, ein Gewinnspiel mit Infos aus der Seite anzetteln würden, würde die Anzahl der Aufrufe zumindest kurzfristig explodieren.“ Ein wenig Stolz wirkt er trotzdem, immerhin hat er es bisher ohne solche Tricks geschafft.

Quelle: Hochschule Koblenz - University of Applied Sciences (idw)

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